Sie sind klein, können äußerst störend sein, wenn sie um deine Ohren schwirren und ernähren sich von deinem Blut: Mücken, vor allem im Sommer, sind einfach nur eine Plage und haben eine bemerkenswerte Fähigkeit, ihr Ziel zu finden. Der Grund dafür ist ein außerordentlich empfindlicher Geruchssinn, der die bisherigen Erkenntnisse und Annahmen in der Wissenschaft grundlegend verändert.
Mücken haben besonders feine Spürnasen
Einer neuen Studie an der New Yorker Rockefeller Universität zufolge werden Mücken besonders von Gerüchen angezogen. Und diese nehmen sie ganz anders wahr, als man bislang dachte. Denn eigentlich ging man stets davon aus, dass in Tieren jedes einzelne Geruchsneuron nur einen Rezeptor-Typ trägt. Letzterer reagiert auf chemische Verbindungen in der Luft, wird aktiviert und veranlasst das Neuron, ein Signal ans Hirn zu geben.
In der Vergangenheit versuchte man deshalb, diese Rezeptoren und damit die Signalisierung von Gerüchen bei Mücken auszuschalten. Das war aber nie von Erfolg gekrönt und jetzt weiß man auch warum: Deren Neuronen tragen nämlich gleich mehrere Rezeptoren. Das bedeutet, dass die Neuronen von gleich mehreren verschiedenen Duftstoffen aktiviert werden können – es gibt also immer Alternativen.
- Unbedingt beachten: In Deutschland breitet sich eines der „tödlichsten Tiere“ der Welt aus. Es handelt sich dabei um eine ganz bestimmte Art von Mücken.
Für gewöhnlich folgen Mücken dem ausgestoßenen CO2 in unserem Atem und Körpergerüchen. Und die bestehen aus Hunderten von Duftstoffen, darunter Alkohole und Ammoniak. Mücken ist es dabei ganz gleich, welche davon ihre Neuronen kitzeln – Hauptsache, irgendeiner davon ist dabei, der sie zum Ziel bringt. Es gibt allerdings auch noch eine andere, überraschende Ursache für die penetranten Insekten.
Mücken wollen öfter zustechen, wenn Opfer von Viren infiziert sind
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an der University of Connecticut haben sich den Zusammenhang zwischen bestimmten Viruserkrankungen und Mücken näher angeschaut. Dabei wollten sie auf vorherige Erkenntnisse aufbauen, wonach die Insekten von Gerüchen angezogen werden. Auch war bereits beobachtet worden, dass an Malaria erkrankte Mäuse ein verändertes Duft-Profil aufwiesen.
Bei den Untersuchungen hat man unter anderem Mücken auf Mäuse mit oder ohne Dengue- und Zika-Viren losgelassen. Auffällig oft bewegten sich die Mücken dann zu den infizierten Nagern. Ähnlich verlief es auch bei Menschen: Auf die Hände einer Versuchsperson gab man jeweils die Duftmarke einer am Dengue-Fieber erkrankten Person und einer gesunden Person. Die Mücken präferierten konstant die Hand mit dem „kranken“ Duft.
Auch gut zu wissen: Neben dem Geruch gibt es auch eine visuelle Komponente. Wir verraten dir deshalb, welche Farben Mücken anziehen und die du besser nicht im Sommer tragen solltest.
Acetophenon zieht Mücken magisch an
Sowohl bei Tests mit Mäusen als auch Menschen fand man heraus, dass die gasförmige chemische Verbindung Acetophenon in besonders hohen Konzentrationen bei infizierten Testobjekten vorkam. Und dieser Stoff zog die Mücken besonders stark an. Dadurch musste er aber durch die Haut ausgesendet werden.
Bei einem Vergleich zwischen infizierten und gesunden Mäusen stellte man bei den kranken Tieren eine ungewöhnlich hohe Anzahl Bacillus-Bakterien fest, die wiederum zu den hauptsächlichen Acetophenon-Produzenten zählen. Daraus schlussfolgern die Forschenden, dass Viren den Duft des Wirtskörpers ändern, indem sie das Mikrobiom der Haut verändern.
Regulierendes Molekül wird durch Viren unterdrückt
Für gewöhnlich produziert nämlich eine gesunde Haut hohe Konzentrationen des Moleküls RELMα, das antimikrobiell wirkt. Bei kranken Mäusen stellte man nur sehr geringe Anteile von RELMα fest. Die Expertinnen und Experten nehmen an, dass dies durch die Viren-Infektion bedingt wurde und dadurch konnten sich Bacillus-Bakterien ungehemmt ausbreiten. Das führte zu einer hohen Acetophenon-Produktion, die Mücken anlockte.
Die Mücken saugen dann das Virus im Blut auf und geben es weiter. So übernimmt der Erreger einen aktiven Part bei seiner Verbreitung. In den Untersuchungen ging es hauptsächlich um Dengue- und Zika-Virusinfektionen. Unklar ist also, ob auch andere Viren für ähnliche Effekte sorgen können.
Was könnte dagegen helfen?
In ihren Untersuchungen überlegten sich die Forschenden auch, ob und wie der Virus-bedingte Mechanismus zu verhindern ist, der Mücken so sehr anzieht. Dazu wandte man sich dem Wirkstoff Isotretinoin zu. Dieser ist Teil des Vitamin-A-Metabolismus und trägt zur Produktion von RELMα bei.
Bei Versuchen mit Mäusen zeigte die Behandlung mit Isotretinoin ganz eindeutig Wirkung. Die RELMα-Konzentration nahm zu, die der Bacillus-Bakterien sank. Mücken reagierten daraufhin nicht aggressiver als bei anderen, uninfizierten Mäusen.
Als Nächstes stehen Tests mit menschlichen Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Plan. Sollten diese positiv ausfallen, könnten in Zukunft einfache Therapien entwickelt werden. Diese könnten insgesamt dabei helfen, durch Mücken übertragene Virus-Infektionen zu reduzieren.
Quelle: „A volatile from the skin microbiota of flavivirus-infected hosts promotes mosquito attractiveness“ (Cell, 2022)
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