Vor kurzem veranstaltete Volkswagen (VW), der anerkannte Automobilproduzent, ein entscheidendes Management Information Meeting (MMI), bei dem der Markenleiter Thomas Schäfer die aktuellen Schwierigkeiten des Konzerns vorstellte. In seiner Präsentation vor etwa 2.000 Führungskräften aus der ganzen Welt skizzierte Schäfer ein düsteres Szenario für die Industrie, die auf eine Rezession zusteuert. Dabei würde VW, sogar im Bereich der Elektroautos, deutlich weniger Gewinn erzielen als seine Mitbewerber. Als Reaktion auf diese bedrohliche Lage verkündete Schäfer einen sofortigen Kostenaufschub, eine Maßnahme, die an die frühen Handlungen des Unternehmens während der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie erinnert.
Elektroautos: VW gerät ins Straucheln
VW stehe vor der Aufgabe, seine Betriebsrendite von 3,6 im Jahr 2022 auf 6,5 Prozent im Jahr 2026 zu steigern – ein ehrgeiziges Ziel, das sich Schäfer gesetzt hat. „Der Dachstuhl brennt“, zitiert ihn das Manager Magazin, „dies ist der letzte Weckruf“. Dies innerhalb von drei Jahren zu erreichen, indem das Ergebnis um zehn Milliarden Euro erhöht wird, ist angesichts der aktuellen Herausforderungen eine gewaltige Aufgabe. Wie VW-Finanzchef Patrik Andreas Mayer während des Treffens betonte, habe das Fahrzeuggeschäft des Unternehmens zu kämpfen. Ohne erhebliche Einnahmen aus China und ein starkes Ersatzteilgeschäft seien die Gewinne von VW marginal.
Die Herausforderungen des Unternehmens werden durch eine unerwartete Verlangsamung der Nachfrage nach Elektroautos noch verschärft. Letztes Jahr war VW nicht in der Lage, seine E-Modelle schnell genug zu produzieren. Die Nachfrage ist jedoch deutlich zurückgegangen, was bei den Verkäufern in Wolfsburg Befürchtungen auslöst, die Jahresziele nicht zu erreichen. Erste Prognosen deuten darauf hin, dass das Unternehmen sein weltweites Absatzziel von 9,5 Millionen Fahrzeugen um 300.000 Einheiten verfehlen könnte.
Die Schwierigkeiten von VW mit dem Verkauf von Elektroautos spiegeln sich in anderen Autoherstellern wider, darunter Renault, Audi, Mercedes, Porsche und sogar Tesla. Die Abkühlung der Nachfrage nach E-Fahrzeugen könnte für die Hersteller schwierige Anpassungen erforderlich machen, die sich negativ auf ihre Belegschaft auswirken könnten.
„Irgendwann im Herbst leer“
Die unmittelbare Priorität für VW ist die Kostensenkung, beginnend mit dem Ausgabenstopp und möglicherweise gefolgt von Kürzungen bei den Personalkosten. Im VW-Werk Emden wurde die Produktion bereits gedrosselt und die ersten 300 von 1.500 Leiharbeitern wurden entlassen. Wenn die Situation anhält, sind weitere Kürzungen zu erwarten, die sich sowohl auf die Produktion als auch auf die Beschäftigten auswirken werden.
Würden diese und vergleichbare Maßnahmen nicht weiterhin verfolgt, „laufen wir irgendwann im Herbst leer“, warnt ein Insider aus dem Konzern.
Die derzeitige Krise wirft wichtige Fragen darüber auf, ob Automobilhersteller ohne staatliche Unterstützung auf Elektroautos umsteigen können und ob das vorherrschende System, das den Dividenden der Aktionäre Vorrang vor Kund*innen einräumt, grundlegend fehlerhaft ist.
Quelle: Manager Magazin
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