Im Durchschnitt ist die Lebenserwartung von Menschen so hoch wie noch nie zuvor in der Geschichte. Doch während Fortschritte und Ernährung und Medizin Wunder bewirken, gibt es aber in Großbritannien zugleich den Trend, dass immer mehr Leichen unentdeckt verwesen. Forscherinnen und Forscher wollten nun herausfinden, woran das liegt.
Unbekannte Todesursachen bei verwesenden Leichen
Wie unter anderem aus einem Begleitartikel bei EurekAlert hervorgeht, gibt es in England und Wales eine steigende Zahl an Leichen, die man erst sehr spät findet. Zu diesem Zeitpunkt ist ihr Verwesungsprozess so weit fortgeschritten, dass man noch nicht einmal mehr die genaue Todesursache feststellen kann. Eine Forschungsgruppe versuchte nun mittels einer Studie an einer Erklärung und tiefergehenden Analyse dieses furchtbaren Trends.
Dazu schaute sich das Team Daten des Office for National Statistics (ONS) aus den Jahren 1979 bis 2020 an. Dabei entdeckte man einen kontinuierlichen Anstieg an „undefinierten Toden“, bei denen die Toten bereits am Verwesen waren. Die Zahl der Todesfälle zu Hause mit „allen möglichen Ursachen“, wie eine weitere Kategorie beschreibt, stieg über alle Altersschichten hinweg von 0,15 Prozent auf 0,3 Prozent. Die „undefinierten Tode“ vervierfachten sich im selben Zeitraum.
Auch interessant: Die steigende Zahl von verwesenden Toten lässt besorgt aufhorchen. In diesem Zusammenhang kann man nur hoffen, dass nicht auch Haustiere vorhanden sind. Tatsächlich zeigte eine Studie einst auf, was Katzen machen, wenn man selbst tot ist.
Männer stärker betroffen
Bei einer genaueren Unterteilung der Fälle nach Geschlecht entfielen mehr Tode auf Männer als auf Frauen. Dabei stellte die Forschungsgruppe einen signifikanten Anstieg während der 1990er und 2000er fest – paradoxerweise zu einer Zeit, als sich die allgemeine Sterblichkeitsrate stark verbesserte. Mit Hinblick auf Männer sei das ein besonders beunruhigender Trend.
Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist dies ein klarer Hinweis auf zunehmende soziale Vernachlässigung bis hin zur Isolation. „Viele Menschen wären schockiert zu erfahren, dass jemand daheim tot liegen kann für Tage, Wochen oder sogar länger, ohne dass jemand in der Gemeinschaft, in der die Person lebt, alarmiert wird“, sagt der Forscher Dr. Theodore Estrin-Serlui. Da diese Entwicklung bereits lange vor der Corona-Pandemie einsetzte, mutmaßen er und sein Team „breite Zusammenbrüche der formalen wie informalen sozialen Unterstützungsnetzwerke“. Weitere Untersuchungen seien von daher dringend nötig.
Quellen: „A deathly silence: why has the number of people found decomposed in England and Wales been rising?“ (Journal of the Royal Society of Medicine 2023), EurekAlert
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