Bereits vor einigen Jahren haben Archäolog*innen in Warschau unter Gucin Gaj, einer historischen Parkanlage im Stadtteil Mokotów, ein geheimnisvolles Tunnelsystem entdeckt. Um den archäologischen Fund ranken sich seitdem zahlreiche Spekulationen und Legenden. Denn viele vermuten dabei eine enge Verbindung zu den Freimaurern. Nun sollen neue Analysen einen besseren Einblick in das mysteriöse unterirdische Bauwerk gewähren.
Archäologischer Fund stammt wohl aus dem 17. Jahrhundert
Der U-förmige Tunnel mit Tonnengewölbe befindet sich in der Nähe des Wilanów-Palastes und der Katharinenkirche in Warschau und ist mehr als sechzig Meter lang. Doch die Geschichte des archäologischen Fundes stellt die Forschung bis heute vor zahlreiche Rätsel: Wofür wurde er verwendet, wann wurde er gebaut und wie sah er ursprünglich aus?
Nun wurden neue Untersuchungen des Tunnels vom Institut für Archäologie der Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität in Zusammenarbeit mit dem Büro des Warschauer Konservators für Denkmäler durchgeführt. Sie sollen genau diese Fragen beantworten, wie die Stadt Warschau vor Kurzem mitgeteilt hat.
So wurde bereits zuvor vermutet, dass der Tunnel im 17. Jahrhundert erbaut wurde. Die Untersuchungen scheinen das ebenfalls nahezulegen, doch mit absoluter Sicherheit kann dies noch nicht festgelegt werden. „Weitere Untersuchungen werden zeigen, ob sich diese Annahmen bestätigen werden,“ heißt es in der offiziellen Pressemitteilung.
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Mögliche Kultstätte der Freimaurer
Außerdem halten sich seit Jahren hartnäckige Gerüchte darüber, dass der Tunnel ein geheimer Versammlungsort für Freimaurerzeremonien gewesen ist. So wird die Stätte oft auch als „Freimaurergräber“ bezeichnet, unter anderem wohl auch im offiziellen Denkmalregister von Polen, wie die Zeitschrift Archaeology News berichtet. Obwohl es keine zeitgenössischen Quellen gibt, die den archäologischen Fund eindeutig mit freimaurerischen Ritualen in Verbindung bringen, .
Diese Folklore, kombiniert mit der historischen Bedeutung des Anwesens, hat den Ort zu einem Brennpunkt sowohl historischer als auch archäologischer Forschung gemacht. Den das Anwesen Gucin Gaj, einst Teil des königlichen Palastgeländes Wilanów, unter dem der Tunnel liegt, hat eine reiche Geschichte. Diese ist eng mit dem Erbe von Stanisław Kostka Potocki verknüpft. Einem prominenten polnischen Adligen, Staatsmann und Freimaurer.
Nach Potockis Tod im Jahr 1821 verwandelte seine Frau Aleksandra das Anwesen in einen Gedenkhain, der dem Andenken ihres verstorbenen Mannes gewidmet war. In dieser Zeit wurde der Tunnel mit der Freimaurerei in Verbindung gebracht. Eine Vermutung, die trotz fehlender konkreter Beweise bis heute besteht.
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Viele Fragen sind noch unbeantwortet
Einer anderen Theorie zufolge könnte der Tunnel aber ursprünglich auch Teil einer Wasserzisterne oder eines Eishauses gewesen sein, das zur Versorgung des nahe gelegenen Wilanów-Palastes gebaut wurde. Doch auch in der jüngsten Geschichte reißt das Mysterium um den archäologischen Fund nicht ab.
Denn dieser war auch Gegenstand verschiedener anderer lokaler Legenden. Darunter Geschichten, die ihm im Zweiten Weltkrieg zum Unterschlupf erklärten, und sogar Gerüchte, dass er bis nach Czersk reichte. Heute dient der Tunnel vor allem als Überwinterungsplatz für Fledermäuse und gilt als offizielles Naturdenkmal.
Die neuen Ausgrabungen brachten zwar bedeutende Funde zutage, wie zahlreiche Münzen aus dem 17. Jahrhundert. Doch ein Großteil des Tunnels ist noch immer vergraben, sodass viele Fragen unbeantwortet bleiben. Laufende Forschungen sollen weitere Geheimnisse des archäologischen Fundes lüften. Zum Beispiel auch, ob er wirklich ein Ort für freimaurerische Rituale war oder in erster Linie doch nur einen praktischen Zweck erfüllte.
Quellen: Warszawa, Archaeology News
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