Dass das Meereis in der Arktis immer weiter abnimmt, dürfte für viele keine Überraschung sein. Doch nun haben Forscher*innen einen möglichen Schlüsselfaktor für diesen Prozess entdeckt, der bislang von der Wissenschaft kaum beachtet wurde.
Arktis: Deutsches Forschungsteam gelingt neue Entdeckung
Dabei geht es um eine neue Entdeckung bezüglich der Barentsee. Denn durch dieses Meer strömt warmes und salziges Wasser aus dem Atlantik in den Arktischen Ozean. Ist das Atlantikwasser wärmer als im Langzeitmittel oder strömt außerordentlich viel davon ein, erwärmt sich die Barentssee und die Eisbedeckung in der Arktis fällt im Winter geringer aus.
Doch auch das Gegenteil ist der Fall. Denn ist das Atlantikwasser kühler oder der Einstrom schwach, kann viel Eis entstehen. Dies ist in der Forschung schon lange bekannt. Bisher wenig Beachtung fand allerdings, dass bevor das Atlantikwasser durch die Strömungen in der Barentssee zum Meereis transportiert wird, es auch zu einer Rückströmung kommt.
Die Stärke und die Schwankungen eben dieses Rückstroms konnten jedoch bisher noch nicht hinreichend vermessen werden. Obwohl dies eine wichtige Rolle dafür spielen könnte, wie viel Atlantikwasser das Meereis tatsächlich erreicht, erklärt das Forschungsteam in einer Pressemitteilung des Alfred-Wegener-Instituts.
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So ging das Forschungsteam vor
„Es gibt einige wenige Beobachtungen, die nahelegen, dass der Rückstrom einen erheblichen Teil des Atlantikwassers unmittelbar wieder aus der Barentssee hinaustransportiert. Es schien somit naheliegend, dass natürlich auftretende Schwankungen und ein möglicher Langzeittrend dieser Strömung wichtige Faktoren für das Meereis sein könnten“, sagt Dr. Finn Heukamp. Er ist der Erstautor der Studie vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
„Die Menge des Atlantikwassers, welches zwar in die Barentssee einströmt, aber diese durch Rezirkulation unmittelbar wieder verlässt, kann erhebliche Auswirkungen darauf haben, wie sich das Meereis Jahr zu Jahr, aber auch langfristig ausbilden kann“, so Heukamp. Der Rückstrom aus der Barentssee ist bisher weniger gut dokumentiert als der Einstrom.
Deshalb mussten sich die Forscher*innen auf Computermodelle verlassen, die den Ozean nachbilden. So hat das Team mit einem hochauflösenden, globalen Ozean- und Meereismodell den Rückstrom zwischen 1979 und 2019 simuliert. Ihre Ergebnisse haben sie vor Kurzem im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.
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„beleuchten zum ersten Mal einen bislang unbeachteten Mechanismus“
Die Forscher*innen konnten herausfinden, dass die Menge des Atlantikwassers, das wieder aus der Barentssee herausfließt, tatsächlich beeinflusst, wie viel Meereis sich in der Arktis bilden kann. „Wenn der Rückstrom schwächer ist, wird weniger Atlantikwasser wieder unmittelbar hinaustransportiert. Anstatt die Barentssee zu verlassen, strömt dieses Atlantikwasser durch sie durch und erwärmt sie. Die Folge ist, dass sich in diesen Jahren weniger neues Meereis bildet und bereits vorhandenes schneller schmilzt.“
Im Gegensatz dazu führe ein starker Rückstrom zu mehr Eis in der Barentssee. Denn so wird ein großer Teil des warmen Atlantikwassers unverzüglich aus der Barentssee heraus transportiert. Damit kann es das Meereis gar nicht erreichen. „Unsere Studie kann als Ausgangspunkt dienen, um eben jene Prozesse zu identifizieren, die den Rückfluss in der Barentssee maßgeblich antreiben,“ fasst Finn Heukamp zusammen.
„Wir beleuchten zum ersten Mal einen bislang unbeachteten Mechanismus im ozeanischen System der Arktis, der direkte Auswirkungen auf die Ausdehnung des Meereises hat“, so der Forscher. Das hat eine große Relevanz für Klimamodelle und liefert wichtige Impulse für genauere Voraussagen zum arktischen Klimawandel, heißt es in der Mitteilung des Instituts.
Quellen: „Atlantic Water Recirculation in the Northern Barents Sea Affects Winter Sea Ice Extent.“(Nature Communications 2025), Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
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