Im Schnee der Antarktis haben Forscher*innen eine unerwartete Entdeckung gemacht. Denn konnten sie Schadstoffe nachweisen, die dort eigentlich nicht zu finden sein dürften. Diese stammen nämlich von zahlreichen Kosmetikprodukten.
Antarktis: Schadstoffe im Schnee entdeckt
Die Eiswüste der Antarktis ist eine der entlegensten Regionen der Erde und kaum von menschlichen Aktivitäten betroffen. Eine neue Entdeckung zeigt jedoch, dass auch sie nicht immun gegen die Umweltschäden ist, die uns in dichter besiedelten Teilen der Welt plagen. So fanden Forscher*innen im antarktischen Schnee Chemikalien aus alltäglichen Körperpflegeprodukten (Personal Care Products, PCP) wie Kosmetika, Waschmitteln, Arzneimitteln und Deodorants.
Zu dieser Erkenntnis gelangten die Wissenschaftler*innen durch die Analyse von Oberflächenschneeproben an 18 Standorten entlang der Rossmeerküste, die dort 2021 und 2022 gesammelt wurden. Obwohl sich einige Probenentnahmestellen in der Nähe von Gebieten mit menschlicher Aktivität befanden, wie etwa saisonal genutzte Forschungsstationen, wurde die Mehrheit der Proben Hunderte von Kilometern von menschlichen Siedlungen entfernt entnommen.
Sie fanden jedoch in jeder Probe PCP-Chemikalien, wie es in einem Artikel bei Eos heißt, dem offiziellen Nachrichtenmagazin der American Geophysical Union (AGU) Von den 21 analysierten Chemikalien fielen drei Verbindungsfamilien besonders auf. Salicylate, die häufig als Konservierungsmittel in Kosmetika (einschließlich Lotionen, Shampoos und Spülungen) und pharmazeutischen Produkten verwendet werden, waren am häufigsten. Danach folgten UV-Filter aus Sonnenschutzmitteln. Aber auch Duftstoffe wie Moschus wurden nachgewiesen.
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Forschungsstationen als mögliche Ursache
Die Forscher*innen beobachteten dabei eine unerwartete saisonale Schwankung der PCP-Menge in den Proben. Später im Sommer entnommene Proben wiesen etwa zehnmal höhere PCP-Werte auf als die früher in der Saison gesammelten Proben. Solche Werte deuten darauf hin, dass die antarktische Sommerluftzirkulation beim Transport von Schadstoffen ins Landesinnere eine Rolle spielt.
Eine mögliche Quelle für die Chemikalien könnten die lokalen Forschungsstationen sein. „Wenn diese Duftstoffe jedoch nicht aus den Stationen selbst stammen, woher kommen sie dann?“, fragt unter andem Alan Kolok, Professor für Ökotoxikologie an der Universität von Idaho.
Doch diese These wurde von dem Team rund um Mario Zucchelli von der italienischen Forschungsstation überprüft. Dafür analysierten sie das Abwasser der Wissenschaftseinrichtung in der Antarktis und fanden heraus: „Die Station trug zwar etwas zur Verschmutzung bei, doch die relative Häufigkeit der einzelnen Verbindungen im Abwasser unterschied sich von der im Schnee. Dies deutet darauf hin, dass die in der weiteren antarktischen Umwelt nachgewiesenen PCPs wahrscheinlich aus weiter entfernten Quellen stammen.“
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„Tausende Menschen betreten derzeit den antarktischen Kontinent“
Eine andere Ursache könnte aber auch der immer stärker werdende Tourismus in der Antarktis sein. „Ich vermute, dass es für diese Art von Verbindungen – Körperpflegeprodukte, Pharmazeutika – eine lokale Quelle geben muss“, sagt Ricardo Barra Ríos, Umweltwissenschaftler an der Universidad de Concepción in Chile. „Tausende Menschen betreten derzeit den antarktischen Kontinent, und ich komme zu dem Schluss, dass wir Menschen überall, wo wir hingehen, Schadstoffe mitbringen.“
Dem widerspricht Vecchiato. Er und auch andere Forscher*innen bringen das Vorkommen dieser Verbindungen mit atmosphärischen Mustern in Verbindung, die Schadstoffe aus Nordeuropa und der Nordwestküste Russlands transportierten. Denn viele der Chemikalien wurden in abgelegenen Regionen gefunden, die eine lokale Quelle überaus fraglich erscheinen lassen.
„Bedeutet das, dass die Modelle oder unsere Analyse falsch sind?“, fragt Vecchiato. „Nein, wahrscheinlich fehlt uns ein Puzzleteil, oder vielleicht ist der Einsatz dieser Schadstoffe so groß, dass wir in abgelegenen Gebieten immer noch eine relevante Konzentration feststellen, auch wenn diese für diese Art des Transports nicht anfällig sein sollten.“
Quelle: Eos
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