Berlitz Österreich und Schweiz haben eine Werbekampagne für Sprachkurse gestartet. Darauf ist ein Mann mit Brille und Hut zu sehen, im Hintergrund ein vorbeifahrender Zug. Dabei steht ein False Friends, also eine direkte Übersetzung eines Sprichworts bzw. einer Phrase, die dann aber eine andere Bedeutung hat. Aus „Das Leben in vollen Zügen genießen“ wird so „Enjoy life in full trains“.
Auf Twitter und Facebook hat ein kleiner Shitstorm deshalb begonnen. Der Mann stelle für die User einen Juden dar. In Kombination mit dem Bild eines Zuges und „full trains“ sehen die einen darin einen Mann, der aufgrund seiner Religion nicht mitfahren darf und die anderen eine Anspielung auf die Deportation der Juden in den 30er und 40er Jahren.
In nationalsozialistischen Foren und Facebook-Gruppen ist „in vollen Zügen“ eine Art Running Gag. Anfang des Jahres musste sich ua. ein 20-jähriger vor Gericht verantworten, weil er ein Bild in sozialen Medien veröffentlicht hatte, das eine Deportation von Juden in Viehwagons zeigt. Dazu hat er den Spruch gepostet: „Genieße das Leben in vollen Zügen.“
Berlitz weißt schuld von sich
Berlitz sieht das natürlich anders: „Wir sind von diesem Gedankengut sehr weit weg. Das Sujet ist durch mehrere Instanzen gelaufen, bei uns im Haus ist niemand auf diese Gedanken gekommen. Wir hätten das Bild nicht veröffentlicht, wenn wir Zweifel gehabt hätten“, sagt Heino Sieberath, Geschäftsführer von Berlitz Österreich und Schweiz.
Man stehe für Diversity. Er übt auch Kritik an der Kritik: „Wir sehen hier einen typischen österreichischen Landsmann und keinen jüdischen Mitbürger. Der Mann könnte auch ein Tiroler sein. Sorry, aber der Hut reicht hier nicht aus. Und Züge dürfen auch schon Mal voll sein.“
Das Sujet wird laut Sieberath nicht entfernt werden. Es sei bereits gebucht und werde demnächst auch in den Wiener U-Bahnen zu sehen sein: „Das lässt sich nicht mehr stornieren.“ Der Shitstorm könnte dadurch möglicherweise noch weiter angeheizt werden.
Berlitz Deutschland ist kein Teil der Aktion
Das Sujet in der Kritik ist auch auf der Website von Berlitz Österreich und Schweiz zu sehen. Berlitz Deutschland hat eine eigene Marketing-Agentur, weshalb es diese Werbung dort nicht gibt. Für die Kampagne wurden auch weitere Sujets gemacht, die dasselbe Model zeigen: Einmal mit Sonnenbrand und einmal als Feuerwehrmann.
Berlitz hatte bereits vor mehr als zehn Jahren Ärger aufgrund einer Werbung bekommen. Damals fühlte sich die deutsche Küstenwache durch einen Fernseh-Werbespot beleidigt.