Apple führt Smartphone-Geschäft an
Obwohl Android das beliebteste mobile Betriebssystem der Welt ist, konnte Google in einem Punkt Apple nie gefährlich werden: Als Smartphone-Hersteller. Während das iPhone bereits seit fast einem Jahrzehnt die „Cashcow“ von Apple darstellt, blieben Google lediglich die gemeinsam mit anderen Herstellern entwickelten Nexus-Modelle – die der US-Konzern zudem stark subventionieren musste, um sie verkaufen zu können.
Probleme mit der Google Pixel-Reihe
Mit der Pixel-Reihe sollte sich das 2016 endlich ändern. Doch der große Durchbruch blieb zunächst aus und auch 2017 stand unter keinem guten Stern. Bereits vor der Ankündigung des Pixel 2 sickerten interne Debatten durch: Google war offenbar mit dem von HTC entwickelten Pixel 2 XL nicht zufrieden und ersetzte es kurzerhand durch ein Design von LG. Ein schwerer Fehler, denn LGs Pixel 2 XL ist zwar hübsch anzusehen, das verbaute P-OLED-Panel ist jedoch für ein Smartphone um knapp 1000 Euro eine Frechheit. Die Liste an Problemen wurde aber länger: Geräte, die ohne Betriebssystem ausgeliefert wurden, auf dem Bildschirm eingebrannte Icons, ein unangenehmes Pfeifen aus dem Lautsprecher, ein leicht zerbrechliches Gehäuse sowie weitere kleine Probleme mit dem Bildschirm.
Vielleicht sind ja aller guter Dinge drei und Google gelingt mit dem Pixel 3 ein Erfolg – zumindest hat man sich bereits fachkräftige Unterstützung von HTC gekauft.
Ähnliche Unterstützung wünscht man sich für das Audio-Geschäft: Googles günstigster smarter Lautsprecher, der Home Mini, entwickelte sich ebenfalls zum PR-Alptraum. So stellte ein Journalist bei einem Testgerät fest, dass dieses stunden-, womöglich sogar tagelang,alle Gespräche aufgezeichnet hatte. Laut Google handelte es sich um ein Versehen und es waren lediglich wenige Geräte betroffen – ein bitterer Nachgeschmack blieb dennoch. Ebenfalls ärgerlich: Der Lautsprecher des Home Mini gibt den Geist auf, wenn bestimmte Songs mit hoher Lautstärke wiedergegeben werden. Zudem fielen Googles „drahtlose“ Kopfhörer, die Pixel Buds, quer durch die Bank bei den Testern durch.
Sicherheitsprobleme bei Apple
Finanziell lief es bei Apple 2017 hervorragend, in puncto Sicherheit war dieses Jahr aber eher ein Reinfall. So geht der Preis für die wohl peinlichste Sicherheitslücke des Jahres an macOS High Sierra. Jeder Nutzer konnte sich bei der aktuellen Version des Apple-Betriebssystems als Root-Nutzer ohne Passwort einloggen. Dabei handelte es sich um die peinlichste, aber bei weitem nicht einzige Sicherheitslücke in einem Apple-Betriebssystem. So konnten unter High Sierra problemlos gespeicherte Passwörter ausgelesen werden und iOS-Geräte per Emoji-Nachricht zum Absturz gebracht werden.
Ohnedies sind Apple-Geräte zunehmend im Visier von Angreifern: Laut McAfee legte Mac-Malware 2016 um mehr als 700 Prozent zu, ein Wurm befällt zudem mittlerweile neben Android-Smartphones auch iPhones. Dort bekleckerte sich Apple ebenfalls nicht mit Ruhm: So kritisieren Sicherheitsforscher, dass iOS 11 WLAN und Bluetooth eingeschaltet bleiben, wenn der Nutzer diese im Kontrollzentrum deaktiviert. Es werden lediglich alle Verbindungen getrennt, so Apple. Für ähnliches Kopfschütteln sorgte die Rechtevergabe, die es Angreifern ermöglichen könnte, den Nutzer und seine Eingaben unbemerkt zu überwachen. Und auch die mit dem iPhone X eingeführte Face IDwurde rasch geknackt und mittlerweile sogar von einem Zehnjährigen überwunden. Das lässt die Bestellung von 10.000 iPhone und iPads für die österreichische Polizei in einem neuen Licht erscheinen.
Loot, Loot, Loot: Machtkämpfe um Videospiele
Aus Free-to-Play-Spielen sind Mikrotransaktionen und Lootboxen bereits hinlänglich bekannt, seit einiger Zeit halten sie aber auch zunehmend in Vollpreistiteln Einzug. Das Prinzip ist simpel: Ein Spieler kann sich die In-Game-Währung erarbeiten oder gegen echtes Geld erwerben. Mit dieser können dann virtuelle Gegenstände erworben werden, mit denen man besser abschneidet. Das hierzulande wohl bekannteste Beispiel ist FIFA Ultimate Team, bei dem sich Spieler ihre virtuelle Fußballmannschaft zusammenstellen. Vor allem Electronic Arts hat dieses Prinzip perfektioniert – und ist 2017 damit kräftig auf die Nase gefallen.
Als ein Spieler errechnete, dass man rund 40 Stunden Spielzeit investieren müsste, um Darth Vader als Spielfigur freizuschalten, gegen Geld dieser aber sofort verfügbar wäre, brach ein gewaltiger Shitstorm aus. Eine Petition, in der man forderte, dass EA die Star-Wars-Lizenz entzogen werden soll, wurde mehr als 175.000 Mal unterschrieben. Daraufhin zog der US-Konzern die Notbremse und deaktivierte die Mikrotransaktionen – vorübergehend. Das Geschäftsmodell wird wohl nicht so rasch verschwinden, einige Unternehmen, unter anderem Apple, gehen aber bereits aktiv dagegen vor.
Das Jahr der Uber-Skandale
Uber gilt spätestens seit 2017 als das wohl bösartigste Unternehmen im Silicon Valley. Selbst Blofeld, Darth Vader und Hannibal Lecter werden wohl bei der langen Liste an Ubers Missetaten neidisch. Mittlerweile gibt es mehrere Online-Plattformen, die Ubers Skandale sammeln und kategorisieren – andernfalls verliert man zu leicht den Überblick.
2017 war aber ein wahrer Meilenstein für Uber, kaum ein Monat verging ohne neuen Skandal. Bereits im Januar zog man den Unmut vieler Menschen auf sich. New Yorks Taxifahrer protestierten gegen Trumps Einwanderungspolitik und nahmen keine Fahrgäste mehr von Flughäfen mit. Uber witterte seine Chance und schickte gezielt Fahrer dorthin. Die Folge: Die Kampagne #DeleteUber, die in den kommenden Monaten regen Zustrom hatte und von der vor allem Konkurrent Lyft profitierte.
Dazu trug auch der bekannte Blogeintrag von Ex-Uber-Mitarbeiterin Susan Fowler im Februar bei, in dem sie Sexismus im Unternehmen aufdeckte und damit letztendlich auch Uber-Chef Travis Kalanick den Job kostete. Die Vorwürfe wurden von unabhängigen Ermittlern, unter anderem Ex-US-Justizminister Eric Holder, geprüft. Ebenfalls im Februar: Alphabet-Tochter Waymo verklagt Uber(Alphabet hat selbst in Uber investiert), weil ein abgeworbener Mitarbeiter Firmengeheimnisse verraten haben soll.
Im März kommt zudem ein Video an die Öffentlichkeit, in dem Uber-CEO Kalanick einen Fahrer, der sich über sinkende Einnahmen beklagt, beschimpft. Zudem werden die Programme „Greyball“ und „Hell“ bekannt, mit denen Uber gezielt Ermittlungsbeamte sowie Fahrer, die auch für Konkurrent Lyft arbeiten, ausfindig gemacht hat. Im November wurde zudem bekannt, dass Hacker Daten von 57 Millionen Uber-Kunden gestohlen haben und das Unternehmen dies verschwieg.
Ein schwerer Schlag für das Europa-Geschäft: London entzog Uber im September die Lizenz, nun wird über bessere Arbeitsbedingungen verhandelt. Im Oktober verbot das Oberlandesgericht Wien Uber zudem die Mitnahme von weiteren Fahrgästen nachdem sie eine bestellte Fahrt durchgeführt haben. Damit hat das Gericht eines der letzten Schlupflöcher geschlossen, das Uber hierzulande noch nutzen konnte. Mittlerweile geht man aktiv gegen Fahrer vor, die gegen das Verbot verstoßen. Auch das EuGH-Urteil zu Uber Pop zeigt, dass dem US-Start-up in Europa ein jähes Ende drohen könnte – mehrere Verfahren im kommenden Jahr werden über das Schicksal von Uber entscheiden. Daran wird auch der neue Uber-Chefnichts ändern können.
Der Fall einer Start-up-Saftpresse
Das Start-up Juicero ist in mehrerlei Hinsicht ein „Saftladen“. Zahlreiche namhafte Investoren, darunter auch Google-Mutterkonzern Alphabet, steckten insgesamt 120 Millionen US-Dollar an Risikokapital in das Unternehmen. Die Idee: Eine 700 Dollar teure „smarte Saftpresse“, die mit frischen Zutaten befüllte Säckchen des Herstellers ausdrückt. Dass sich diese Säckchen ebenso gut mit der Hand zu Saft verarbeiten lassen, bedachte offenbar keiner. Da halfen auch die zahlreichen Beteuerungen des Unternehmens, dass nur die Maschine die richtige Verarbeitung gewährleiste, nichts.
Juicero wurde zur Lachnummer von Silicon Valley und dürfte wohl vielen Investoren als warnendes Beispiel dienen: Nicht alles, was „smart“ erscheint, ist es das auch. Juicero wollte mit einer Preisreduktion das Ruder herumreißen, doch da war es bereits zu spät. Im September gab das Unternehmen auf und gab betroffenen Kunden das Geld zurück.
Der Niedergang von Juicero zog auch andere Hersteller von ähnlichen proprietären Systemen in den Abgrund. So gab der Hersteller Teforia auf, der eine smarte 999-Dollar-Teemaschine entwickelt hatte, die lediglich Tee aus proprietären Kapseln herstellen konnte.
Überteuerte Smartphones von Apple, Samsung und Co.
„Das ist zu teuer, Samsung“, schrieb 2015 der damalige futurezone-Chefredakteur Gerald Reischl, als das Samsung Galaxy S6 Edge vorgestellt wurde. 849 Euro für das günstigste Modell, 1049 Euro für die teuerste Variante. Was damals noch ein ungewöhnlicher Ausreißer war, ist heute Normalität. Apples neues Top-Modell, das iPhone X, kostet mindestens 1.149 Euro, mit etwas mehr Speicher werden gar 1.319 Euro fällig. Ein „angemessener Preis“, meint Apple-CEO Tim Cook, man müsse einfach nur ein paar Kaffee pro Woche weniger trinken, um es sich leisten zu können.
Einige Hersteller folgen nun Apples Beispiel und heben den Preis ihrer eigenen Top-Modelle spürbar an. Samsungs Galaxy Note 8 liegt mit einer UVP von 999 Euro nur mehr knapp unter der 1.000-Euro-Grenze, und auch Huawei verlangt bei seiner Mate-Serie etwas mehr als im Vorjahr.
LG hat gar eine „Signature Edition“ vorgestellt, die nur in limitierter Stückzahl zu einem Preis von rund 1.540 Euro verfügbar ist. Wenn dieser Trend anhält, werden Smartphones PCs und Laptops künftig nicht nur ersetzen, sondern gar deutlich mehr kosten. Da lohnt es sich durchaus, hin und wieder doch zu einem gebrauchten Smartphone zu greifen.
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