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Chief Digital Officer: Wie Unternehmen an die Fortschrittmacher kommen

In ihrer futurezone-Kolumne spricht Tijen Onaran jede Woche über Diversity und Digitalisierung. Wie wichtig Menschen mit digitalen Visionen in Unternehmen sind, ist ihr heutiges Thema.

Tijen Onaran
Tijen Onaran setzt sich für die Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche ein. Foto: Anna Schwarz

Wer ist in Unternehmen für die digitale Transformation verantwortlich? Lange hieß es, Digitalisierung sei Chefsache, also Aufgabe des CEO. In manchen Fällen liegt die Verantwortung auch im IT-Bereich oder im Strategiebereich. Die Tatsache, dass es in einigen Unternehmen überhaupt einen Chief Digital Officer (CDO) gibt, ist vergleichsweise jung. In den letzten beiden Jahren gab es gerade einmal in etwa zehn bis elf Prozent der Firmen einen CDO.

Die Digitalisierung ist damit in den meisten Fällen nur ein Teilaspekt, der einem anderen Verantwortlichkeitsbereich untergeordnet ist. Angesichts dieser Situation frage ich mich, wie es gelingen kann, die Fortschrittmacher in ein Unternehmen zu bringen? Oder anders gefragt: Was können Unternehmen tun, um die CDOs verstärkt auch aus den eigenen Reihen zu rekrutieren?

Die drei Kernkompetenzen von CDOs

Die digitale Transformation von Unternehmen ist eine so komplexe und umfassende Aufgabe, dass sie kaum von anderen Vorständen „nebenher“ geleistet werden kann. Umso erstaunlicher ist der Befund vieler Studien, dass der CDO ein stiefmütterliches Dasein führt. Was sind die Gründe dafür, dass für einen der derzeit spannendsten Jobs keine Hauptverantwortlichen zu finden sind? Wie arbeiten CDOs also überhaupt?

Nehmen wir dazu einmal an, ein Unternehmen würde einen CDO suchen und eine Stelle ausschreiben: Wie viele Menschen mit Erfahrung in Führungsaufgaben haben zugleich einen digitalen Background? Letzterer ist jedoch für CDOs unverzichtbar. Die neueste Studie von Kienbaum und Bitkom, die einen kritischen Blick auf die CDO-Funktion wirft, benennt zumindest drei weitere wichtige Kompetenzen, die ein CDO möglichst haben muss: Innovationskraft, Kollaborationsbereitschaft und Veränderungswille.

Die Rahmenbedingungen für einen CDO schaffen

Insbesondere wenn es um die Kollaborationsbereitschaft geht – die vielleicht sogar noch genauer Kollaborationsnotwendigkeit heißen müsste – können Unternehmen schon heute reagieren. CDOs brauchen mehr als andere Chief Executives Erfahrungen und Wissen aus den unterschiedlichsten Bereichen und müssen stärker als andere Generalisten sein.

Technisches Know-how gehört dazu ebenso wie betriebswirtschaftliches, Projektmanagement-Kenntnisse, Kommunikations- und Soft Skills. Um die Chancen zu erhöhen, einen CDO aus den eigenen Reihen zu rekrutieren, müssen Unternehmen ihre Strukturen so anpassen, dass abteilungs- und bereichsübergreifende Arbeit sowie der Austausch gefördert wird.

Innovationen fördern heißt: Veränderungen zulassen

Auch ein innovationsfreudiges Umfeld können Unternehmen fördern, indem sie bei der Unternehmenskultur ansetzen. Das gelingt zum Beispiel, indem insbesondere die Fortschrittsverhinderer zu verstehen und davon zu überzeugen, dass Veränderungen nichts schlechtes sind. Das ist ein wichtiger Baustein, um eine Atmosphäre zu erzeugen, in der Mut gefördert und belohnt wird.

Viele innovative Ideen klingen vielleicht erst einmal verrückt oder unrealistisch. Aber wenn sie erst gar nicht ausgesprochen werden, werden auch alle Chancen vergeben, darüber konstruktiv zu sprechen oder es im kleinen Rahmen einfach zu versuchen. Junge Nachwuchstalente, die in einer innovationsfreudigen Unternehmenskultur agieren können, haben zudem viel eher die Chance entdeckt und gefördert zu werden.

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Um mehr Mut zu beweisen, brauchen Unternehmen nicht zwangsläufig einen CDO. Wenn die Digitalisierung aber wirklich ein ernst gemeintes, eigenständiges Anliegen werden soll, dann schon. Wenn Unternehmen den Mut beweisen, ihre Strukturen anzupassen, Hierarchien abbauen und den Austausch fördern, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie den idealen CDO aus ihren eigenen Reihen rekrutieren können, beachtlich an.

Tijen Onaran ist Unternehmerin, Moderatorin, Speakerin und Kolumnistin. Mit startup affairs berät sie Unternehmen in der PR- und Öffentlichkeitsarbeit und engagiert sich mit ihrer Initiative Global Digital Women für die Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche. Vor ihrer Selbstständigkeit war Tijen Onaran für Europa-, und Bundestagsabgeordnete, für das Bundespräsidialamt sowie für Verbände und eine Hochschule in leitenden Funktionen tätig. Wer sich mit ihr trifft, muss erst an Paul, Cocker Spaniel adeliger Herkunft, und Leo, Labrador-Mix exotischer Herkunft, vorbei.

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