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„150 Kilometer, das ist Nichts.“ – Wie Flugtaxis den Alltag revolutionieren könnten

Patrick Nathen, einer der Mitbegründer von Lilium, spricht mit futurezone darüber, wie Flugtaxis den Aktionsradius von Menschen massiv erweitern werden.

Ein Lilium-Jet in der Luft.
"Nach der Arbeit in die Berge zum Abendessen fliegen." So stellt sich Lilium die Zukunft mit Lufttaxis vor. Foto: Lilium

Das deutsche Start-up Lilium zählt zu jenen Unternehmen, deren Fortschritte im boomenden Bereich der Flugtaxis bereits am weitesten gediehen sind. Im April 2017 wurde der erste Testflug mit dem Lilium-Jet absolviert. Im September schloss Lilium eine Finanzierungsrunde über 76 Millionen Euro ab. Bei dem Pioneers Festival 2018, das vor wenigen Tagen in Wien stattfand, war Patrick Nathen zu Gast. Der Mitbegründer und Aerodynamik-Leiter von Lilium erzählte dort mehr über die Ideen des Start-ups.

Fünfsitziges Flugtaxi mit Elektroantrieb

„Unser Fluggerät wird schnell, sauber und für jeden Menschen sein“, meint Nathen. „Du wirst es verwenden, deine Großmutter und deine Kinder.“ Liliums mittelfristiges Ziel sei ein fünfsitziges Flugtaxi mit Elektroantrieb, das minimale Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur stellt. „Wir haben folgende Vision: Du landest am Flughafen, nimmst dein Smartphone und bestellst per App ein Flugtaxi. In fünf Minuten bist du dann in der Innenstadt.“

Zu Beginn soll noch ein Pilot an Bord die Steuerung übernehmen, langfristig sollen die Lilium-Jets allerdings vollautonom unterwegs sein. Das Konzept kleiner, elektrischer, vollautonomer Flugtaxis teilt sich Lilium mit diversen Konkurrenten, darunter sowohl große Konzerne, als auch weitere Start-ups. „Zuerst haben wir uns gedacht, wir stellen Flugtaxis her und verkaufen sie“, schildert Nathen die Geschäftspläne in den Anfangstagen von Lilium. Die Idee wurde allerdings später verworfen. „Wir wollen nun einen Dienst anbieten.“

Simpler Aufbau

Was den Lilium-Jet von der Konkurrenz abheben soll, ist laut Nathen eine besonders kostengünstige Bauweise und ein besonders leiser Betrieb. „Unsere Flugtaxis sind simpel aufgebaut. Es gibt etwa keine Ruder, keine Getriebe.“ Als Schlüsseltechnologie bezeichnet Nathen die „High Performance Jet Engines“ des Lilium-Jets. Dabei handelt es sich um kleine Turbinen mit eingefassten Rotoren, die in mehrfacher Ausführung an den vier Flügeln des Fluggeräts angebracht sind. Die Rotoren können von vertikaler Stellung in eine horizontale geneigt werden. Dadurch kann der Lilium-Jet senkrecht abheben und landen (VTOL), während er im Gleitflug bis zu 300 km/h schnell werden kann.

Neues Sicherheitslevel

Bei der Sicherheit will Lilium „die kommerzielle Luftfahrt auf ein neues Level bringen“, wie Nathen ankündigt. „Alle Systeme sind ultra-redundant. Wir wollen wirklich sicherstellen, dass sich Passagiere wohlfühlen und völlig beruhigt sind.“ Sollte der Jet im Flug von einem Vogel getroffen werden und sollten dadurch ein paar Triebwerke ausfallen, könne das Fluggerät immer noch sicher landen. Für besonders schwere Notfälle befinde sich auch ein Fallschirm an Bord, an dem der gesamte Jet zu Boden gleiten könne.

Distanzen sollen schrumpfen

Mit seinen Lufttaxis wolle Lilium nichts geringeres erreichen, als eine neue Einstellung zu Distanzen. „Wir wollen, dass sich die Menschen denken: „150 Kilometer, das ist Nichts.“ Flugtaxis sollen es etwa ermöglichen, größere Freiheit bei der Wahl des Wohnortes in Abhängigkeit zum Arbeitsort zu haben. Außerdem solle sich dadurch der tägliche Aktionsradius massiv erweitern. „Man kann dann etwa nach der Arbeit in die Berge zum Abendessen fliegen. Das klingt verrückt, aber das wird kommen“, ist Nathen überzeugt.

„Die Frage ist nur wann“, meint Nathen. Die größten Hürden seien eine vollständige Zertifizierung und regulatorische Rahmenbedingungen für Flugtaxis im Allgemeinen. Ein wichtiger Faktor dabei werden wohl Anforderungen für den Flug über dicht besiedeltem Gebiet darstellen. Unter anderem wird dabei auf die Lärmentwicklung geachtet werden. „Deswegen achten wir da sehr drauf.“ Innerstädtische Transporte, etwa von einem Stadtbezirk in einen anderen, visiert Lilium nicht an. Stattdessen solle ein Netzwerk an Verbindungen zwischen größeren Städten aufgebaut werden.

Regelbetrieb noch nicht absehbar

Welche Art von Landeplätzen Lilium-Jets verwenden werden, sei noch unklar, meint Nathen. „Momentan nutzen wir Helikopter-Landeplätze.“ Hochhausdächer als Startpunkte fallen damit in den Bereich des Möglichen. Bei der Größe der Lilium-Jets sieht der Start-up-Mitbegründer Ausbaupotenzial. „Zunächst soll der Jet zwei Menschen transportieren, dann fünf, aber Flugtaxis für acht bis zehn Menschen sind leicht vorstellbar.“

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Wo genau Lilium-Jets erstmals im Regelbetrieb fliegen könnten, sei aktuell noch sehr unklar. Derzeit warte man auf die Freigabe durch die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA. „Wir wissen nicht, welcher Markt der erste sein wird. Aber wir haben unsere Favoriten. Deutschland oder Österreich wären natürlich schön.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at.

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