Durch die Corona-Pandemie haben sich viele Menschen in Deutschland zwangsläufig mehr mit der digitalen Welt auseinandersetzen müssen. Die Pizza wird per App bestellt, die Lieben sieht man häufig nur per Video-Chat und immer mehr Angestellte arbeiten aus dem Homeoffice. Eine Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die im März veröffentlicht wurde, zeigt: Digitale Technologien haben 83 Prozent der 1.002 Befragten ab 16 Jahren während der Krise in mindestens einem Bereich ihres Lebens geholfen.
„Im Lockdown haben die meisten Menschen viel mehr Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht“, meint Bitkom-Präsident Achim Berg in einer Mitteilung. „In einer analogen Welt wie der vor 50 Jahren hätte die Corona-Pandemie uns allen noch sehr viel mehr abverlangt.“ Trotzdem sind gewisse Bedenken, gerade für Menschen, die sich mit Technik weniger beschäftigten, ganz normal. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt Digitalexperte und Autor Holger Volland, dessen neues Buch „Die Zukunft ist smart. Du auch?“ (Mosaik Verlag) kürzlich erschienen ist, ob er diese Berührungsängste verstehen kann.
Wie soll der Nutzer durchblicken?
„Die technologischen Möglichkeiten und die Vielfalt an Angeboten überfordern viele Menschen“, so Volland. Noch nicht einmal Expertinnen und Experten sind sich darüber einig, wie schädlich oder nützlich manche digitalen Angebote sind. Wie soll da ein ganz normaler User durchblicken?“ Die rasche Entwicklung in den vergangenen Jahren, zum Beispiel bei Künstlicher Intelligenz, habe „zu einem weltweiten Wettlauf geführt. Das brachte ein Überangebot an Möglichkeiten ohne entsprechende Regulierungen oder Sicherheitssysteme. Zum Glück ändert sich dies gerade und die Politik erkennt, an welchen Stellen Technologieunternehmen auch zum Schaden der Menschen agieren, um so ihren eigenen Wert zu steigern.“
Der Experte könne jedoch „trotzdem nur jedem dazu raten, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen, denn die ist in unserem Alltag angekommen“. Wer dies nun verschlafe, drohe abgehängt zu werden. Aber wie den Umgang mit neuen Technologien erlernen? Volland erklärt: „Wir müssen wieder lernen, Fragen zu stellen, wenn wir etwas nicht verstehen. Falsche Hemmungen, weil es so viele Digitalisierungsexperten zu geben scheint, sind da völlig fehl am Platz.“ Er habe beispielsweise „keine Ahnung“ davon gehabt, was eigentlich mit seinem digitalen Leben passiere, wenn er einmal sterbe. „Dann habe ich so lange herumgefragt, bis ich verstanden habe, wie ich meinen digitalen Nachlass organisieren sollte.“ Der wichtigste Grund für sein neues Buch sei tatsächlich „das einfache Lernen“ gewesen.
Auch Kinder müssen den Umgang mit Technik erlernen
Eltern stehen heutzutage vor der Herausforderung, ihre Kinder in der vernetzten Welt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Internet, Social Media und Co. zu erziehen. Dabei ist es oft nicht leicht, die richtige Herangehensweise zu finden. Aber wie die Kids an die Thematik heranführen?
„Für die Beantwortung dieser Frage habe ich mich mit einer Expertin aus dem Silicon Valley getroffen“, meint Volland. „Esther Wojcicki ist Pädagogin, Mutter der CEO von YouTube und Schwiegermutter des Google-Mitgründers Sergej Brin. Sie zeigt in ihrer Schule, dass die gemeinsame kreative Nutzung von Technologie, etwa beim Erstellen von Medien, die beste Ausbildung ist.“ Kinder könnten auf diese Weise erlernen, „dass Technologie kein Selbstzweck ist, sondern ein Hilfsmittel“. Gerade viele Gründer aus dem Tech-Mekka Silicon Valley würden im Übrigen „ihren Kindern die Nutzung von Social Media bis zur Pubertät“ verbieten.