Mit „Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr“ (19. Mai, 20:15 Uhr, das Erste) wagt sich die erfolgreiche Vorabendserie in die Primetime und betritt damit Neuland. „Zum ersten Mal konnten wir über 90 Minuten intensiver und radikaler erzählen“, fasst Regisseur Félix Koch (41) zusammen. Und in der Tat mischt der Film klassische Krimi-Elemente mit den vertrauten Figuren dieser Serie.
Darum geht’s in „Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr“
Es ist 06:07 Uhr, als das Leben von Nina Sieveking (Wanda Perdelwitz) aus den Fugen gerät. Die Polizistin des PK14 sitzt auf dem Heimweg in der U-Bahn, als ein Streit zwischen drei Männern eskaliert. Sie geht dazwischen – und wird brutal zusammengeschlagen, während die anderen Fahrgäste zuschauen. Niemand greift ein. Für Harry Möller (Maria Ketikidou), Lukas Petersen (Patrick Abozen) und die übrigen Kolleginnen und Kollegen vom „Großstadtrevier“ beginnt eine nervenaufreibende Suche nach den Tätern.
Frustrierende Gespräche mit Zeugen bleiben ergebnislos, niemand will etwas gesehen haben. Die Polizistinnen und Polizisten, die täglich ihr Leben für andere riskieren, erfahren selber kaum Hilfe. Als am Hafen ein Toter aufgefunden wird, offenbaren sich neue Abgründe – und Nina gerät plötzlich selbst ins Visier der Ermittlungen.
Das Drama um Polizistin Nina Sieveking
Das „Großstadtrevier“ zeigt sich im Film ungewohnt dramatisch und sehr spannend. Polizistin Nina erlebt eine persönliche Katastrophe und kann die Teilnahmslosigkeit und fehlende Zivilcourage jener Menschen, für die sie sich jeden Tag einsetzt, nicht fassen. „Ihre Krise korrespondiert dabei mit einem Gefühl, das nicht nur Polizistinnen und Polizisten, Rettungskräfte und andere haben. Es ist das Gefühl, nicht ausreichend zurückzubekommen für all das, was man selbst gibt“, sagt Drehbuchautor Norbert Eberlein. „Mit diesem Gefühl wird die Abkehr von einer solidarischen Haltung in der Gesellschaft ja oft begründet“, erklärt er weiter.
Der Film konzentriert sich auf die Perspektive des schwer traumatisierten Opfers, zeigt aber auch die Hilflosigkeit der ihm nahestehenden Menschen. „Es ging darum, Nina zu zeigen, wie sie versucht, ihr Leben zu leben, als wenn nichts wäre und die schlimme Erfahrung so zu negieren“, erklärt Wanda Perdelwitz (37) über ihre Rolle. Die Herausforderung habe darin bestanden, Ninas große Verletzung trotz der enormen Wut durchblitzen zu lassen.
Zum Thema Zivilcourage sagt die Berliner Schauspielerin: „Die Hoffnung, dass dann jemand aufsteht, den Mund aufmacht und hilft, ist groß. Wie schön wäre es, wenn wir in solchen Momenten zusammenhielten.“
Jan Fedder ist unvergessen
Besonders rührend ist die Tatsache, dass auch in diesem Drehbuch und diesem Film ein Plätzchen für Jan Fedder (1955-2019), den verstorbenen Star der Serie, gefunden wurde. Kommissar Dirk Matthies (Staffel 6 bis 33) kommt vor dem großen Showdown am Friedhof Ohlsdorf in einer kleinen Sequenz nochmal ins Spiel. „Der konnte was, der wusste alles“, schwärmen die Kollegen im Film.
Serienstar Jan Fedder verstarb am 30. Dezember 2019 im Alter von 64 Jahren in seiner Hamburger Wohnung. Die von ihm zu Lebzeiten persönlich geplante Trauerfeier fand am 14. Januar 2020, seinem 65. Geburtstag, im Hamburger Michel statt. Anschließend gab es einen Trauerkonvoi durch St. Pauli. Zwei Tage später wurde der Hamburger Künstler im engsten Familien- und Freundeskreis auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.