Regisseur und Autor Marc Bauder (46, Grimme-Preis für „Dead Man Working“) geht mit seinem bereits preisgekrönten Dokumentarfilm „Wer wir waren“ (Kinostart: 8. Juli) dringenden philosophisch, politisch und gesellschaftlich relevanten Fragen nach: Wie soll unsere Zukunft aussehen? Welche Themen sollten uns deshalb in der Gegenwart beschäftigen? Was werden zukünftige Generationen über uns denken, wenn wir bereits Geschichte sind?
Inspiriert ist der Film von dem gleichnamigen Zukunftsessay des Publizisten und Moderators Roger Willemsen (1955-2016). „Sein Buch ‚Wer wir waren. Zukunftsrede‘, das 2016 posthum veröffentlicht wurde, war ein wichtiger Begleiter für den Film. Da er diese Fragen schon vorher aufgegriffen und den Zustand der Welt auch auf eine ganz besondere Weise beschrieben hat“, erklärt Marc Bauder der Nachrichtenagentur spot on news.
Darum geht’s in „Wer wir waren“
„Wer wir waren“ ist ein intensives Treffen mit bedeutenden Denkerinnen und Denkern unserer Zeit: Alexander Gerst (45, Astronaut), Dennis Snower (70, Ökonom), Matthieu Ricard (75, Molekularbiologe und Mönch), Sylvia Earle (85, Ozeanologin), Felwine Sarr (48, Ökonom, Soziologe und Philosoph) und Janina Loh (geb. 1984, Philosophin und kritische Posthumanistin).
Marc Bauder begleitet diese sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Tiefen des Ozeans, auf das Dach der Welt und bis in die Weiten des Weltraums. Dabei beleuchtet er die unglaublichen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns, einen globalen Wirtschaftsgipfel, das Erbe der Kolonialisierung und die Gefühle eines Roboters. Dazwischen reflektieren seine Gesprächspartner die Gegenwart, blicken in die Zukunft und bieten auch Lösungsvorschläge.
„Wir haben diesen kleinen blauen Planeten und sonst nichts“
Gezeigt wird unter anderem Alexander Gersts spannender Blick auf die Erde. Damit ist aber nicht nur die Aussicht aus der Internationalen Raumstation ISS gemeint, sondern auch Erkenntnisse wie diese: „Wir haben diesen kleinen blauen Planeten und sonst nichts. Das ist der einzige Ort, auf dem Menschen leben können. Der einzige im Universum, den wir kennen, auf dem Menschen leben können, und der eine so dünne, zerbrechliche Atmosphäre hat. Und wir Menschen haben nichts Besseres zu tun, als ihn zu zerstören. Das wirkt so verrückt von hier oben, weil wir einen so begrenzten Lebensraum haben.“
An anderer Stelle im Film erinnert Alexander Gerst von seinem Luxusbeobachterposten aus daran, dass sich „auf diesem kleinen blauen Planeten die Geschichte der Menschheit abgespielt“ hat. Das setzt das Kopfkino erst recht in Gang. Ähnliches passiert, wenn die Ozeanologin über den sage und schreibe 400 Jahre alten Grönlandhai erzählt. „Das Leben ist ein Wunder und jeden Moment daran auszukosten, darum geht es im Leben“, sagt Sylvia Earle.
„Man sollte etwas tun, solange es noch einfach ist“, so der Rat der Forschenden. Und man sollte mit dieser Erkenntnis wohl auch nicht warten, bis man eine Grenzerfahrung wie einen Weltraumspaziergang macht, unmittelbar den Tod vor Augen hat oder der nächste Klimabericht veröffentlicht wird. Konsum und Lebensgewohnheiten sind die kleinen, unkomplizierten Schlüssel zur Veränderung, die der Einzelne – zumindest hierzulande – in der Hand hält, so eine Quintessenz des Films. Denn: „Wenn sich alle acht Milliarden Menschen in die richtige Richtung bewegen würden, dann …“
Fazit
„Wer wir waren“ ist ein inspirierender, aber auch fordernder und sehr dichter Film. Neben den spannenden Einblicken in die unterschiedlichen Forschungsfelder lohnt sich der Dokumentarfilm auch wegen der porträtierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie leben in ihrer jeweils eigenen Welt, öffnen uns Zuschauern aber trotz so manch düsterer Erkenntnis und Perspektive freundlich die Tür.