Neu auf Disney+: „Toy Story 4“ (oder „A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando“, so der komplette deutsche Titel). Der Film von Regisseur Josh Cooley steht am Ende einer langen (Film-)Geschichte. Es gab eine Zeit, da waren die Pixar Animation Studios fast unfehlbar. Zwischen 1995, (als der erste „Toy Story“-Film in die Kinos kam) und 2010 (als der dritte „Toy Story“-Film erschien) hat das Disney-Tochterunternehmen mit computeranimierten Spielfilmen einen Kassenrekord nach dem nächsten aufgestellt. Unter der Führung des mittlerweile gefeuerten Kreativkopfes John Lasseter hat das einst kleine Studio Pixar die handgezeichneten Animationsfilme von Disney so allmählich aus den Kinos verdrängt. Inzwischen setzen auch die Disney Animation Studios lieber auf CGI-animierte Märchen-Blockbuster wie „Die Eiskönigin“ (2013).
Ist „Toy Story 4“ auf Disney+ so gut wie alte Pixar-Filme?
Abgesehen von ein, zwei biederen Langweilern wie „Das große Krabbeln“ (1998) und „Cars“ (2006) veröffentlichte Pixar zu seiner Glanzzeit ein wagemutiges, kreatives Meisterwerk nach dem anderen (z.B. „Findet Nemo“, „Wall-E“ oder „Oben“). Doch auch Pixar geht mal die Puste aus und dieses Jahrzehnt mehrten sich die Enttäuschungen („Merida“) und überflüssigen Fortsetzungen und Prequels („Cars 2“ und „Cars 3“, „Die Monster Universität“). Hierzu zählt leider auch „Toy Story 4“, den man seit dem 11. April 2020 auf Disney+ streamen kann.
Verschont von dem allmählichen Qualitätsverlust blieb bislang die „Toy Story“-Reihe, die einst den Grundstein für Pixars Weltruhm legte, und von den schrägen Hawaiihemdenträgern aus der populärsten Trickfilmschmiede der letzten Jahrzehnte stets gehegt und gepflegt wurde. Bis jetzt, so scheint es, denn „Toy Story 4“ gehört leider zu den schwächsten Pixar-Filmen: bemüht, einfallslos und mit überraschend wenigen Lachern und erinnernswerten Momenten.
Das ist die Handlung von „Toy Story 4“
Nach den herzerwärmenden Ereignissen von „Toy Story 3“, die dazu führten, dass ihr alter Besitzer Andy ins College ging und sie einem kleinen Mädchen schenkte, leben Cowboy Woody (Originalstimme: Tom Hanks) und seine Freunde bei Bonnie. Doch Woody ist nicht mehr ihr Lieblingsspielzeug. Bonnies aktueller Favorit ist Forky, das Spielzeug, dass sie sich am ersten Tag in der Kita aus einer Wegwerf-Plastikgabel selbst gebastelt hat.
Forky (gesprochen von Tony Hale) aber will nichts davon wissen, ein Spielzeug zu sein und sieht seine Bestimmung im Mülleimer. Als Forky aus dem Fenster springt, macht sich Woody alleine auf, Bonnies neuen Lieblingsfreund zurück zu seiner Besitzerin zu bringen. Auf dem Weg trifft der Cowboy alte Weggefährten, neue Freunde und ungeahnte Gefahren…
So gut waren die ersten drei „Toy Story“-Filme
Am Anfang stand eine Idee, die viele Kinder schon vor Pixar hatten: Spielzeuge führen insgeheim ein Eigenleben, wenn man mal nicht hinschaute. John Lasseter & Co. nutzten diese Kinderfantasie als Grundlage für ihren computeranimierten Kurzfilm „Tin Toy“ (1988) und später für den darauf basierenden ersten Pixar-Film „Toy Story“.
„Toy Story“ punktete neben seinen tricktechnischen Innovationen mit dem ebenso amüsanten wie bewegenden Identitätsdrama anthropomorpher Stoff- und Plastikfiguren, die sich inmitten charmanter Slapstickkomik und waghalsigen Verfolgungsjagden immer wieder dieselbe Frage stellten: Spielzeug-Sein oder Nichtsein?
Diese Frage wurde im Laufe von drei zurecht euphorisch gefeierten Filmen bereits in all ihren Facetten behandelt. In den ersten zwei Filmen ging es um die Verlustängste der Cowboyfigur Woody und die Sinnkrise der Astronautenfigur Buzz Lightyear. Sie wurden mal dramatisiert bezüglich ihrer Rivalität um die Gunst ihres menschlichen Besitzers Andy, mal auf Basis ihrer Vergangenheit als die populärsten Spielzeuge ihrer jeweiligen Produktionszeit.
Im dritten, aufgrund eines Rechtsstreits zwischen Pixar und Disney erst nach elf Jahren nachgeschobenen Teil, ging es dann ums Erwachsenwerden und Abschied nehmen von Andy. Das verursachte seinerzeit viele Tränen in den Kinosälen beim rührenden Finale.
Warum „Toy Story 4“ lange nicht so gut ist wie die Original-Trilogie
Einen vierten „Toy Story“-Teil sollte es laut Pixar erst gar nicht geben. Das war aber damals auch die Ansage für den zweiten und dritten Teil. Doch „Toy Story 3“ machte so viel Geld, dass eine Fortsetzung von Disney auf dem Wunschzettel stand. Würden es Pixar aber noch einmal schaffen, wie in Teil 3 durch neue, erfrischende Spielfiguren und einer spannenden Handlung ihrer verstaubten Spielzeugwelt wiederzubeleben? Leider ist die Antwort: Nein.
Regiedebütant Josh Cooley tut sich schwer damit, das wenig inspirierte Drehbuch von Andrew Stanton (der bereits an den ersten drei Teilen der Reihe mitschrieb) und Stephany Folsom inszenatorisch aufzupeppen. Das Potential ist durchaus da: Forky ist eine unberechenbare, weil suzidgefährdete und wahrnehmungsgestörte Figur, Gabby Gabby (gesprochen von „Mad Men“-Star Christian Hendricks) ist eine beängstigend kaltblütige Widersacherin und Keanu Reeves macht gute Laute als Stunt-Motorradfahrer Duke Caboom.
Daneben brilliert Annie Potts in der Rolle von Woodys früherer Freundin Bo Peep, die passend zum gesellschaftlichen Wandel in den USA nicht mehr nur Schafe bewacht, sondern zur souveränen Einzelkämpferin avanciert ist. Sie haben aber alle zu wenig gute Szenen.
„Toy Story 4“ erzählt uns keine neue Geschichte
Es wird zwar versucht, in „Toy Story 4“ eine neue Geschichte zu erzählen, die abseits steht von der Handlung der Original-Trilogie. Nur leider schleicht sich ein Deja-vu-Effekt ein, den der Film nicht abschütteln kann: es wiederholen sich zu oft dramatische Situationen und Motivationen der Figuren aus den Vorgängerfilmen.
Das dortige Gag-Feuerwerk bleibt hier auch aus. Einzig die Komiker Jordan Peele und Keegan-Michael Key als flauschiges Gespann Bunny und Ducky sorgen für ein paar improvisierte Lacher. Selbst das emotionale Finale wirkt bemüht und nicht wirklich verdient nach diesem wenig originellen Abenteuer. Damit gerät „Toy Story 4“ zu einer überflüssigen Enttäuschung für Fans der Kinoreihe. Dennoch wird über Teil 5 bereits laut nachgedacht.
Ein Zeichentrick-Klassiker wurde von Disney+ zuletzt zensiert. Trotz der Zensur gibt es Gerüchte, dass bald auch Teenie-Serien wie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ auf Disney+laufen könnten. Für dieses Ärgernis um „Die Simpsons“ auf Disney+gibt es aber endlich eine Lösung.