Als ich das erste Mal ein Smartphone von Xiaomi in den Händen hielt, war ich begeistert aber auch skeptisch. Das Xiaomi Mi 4 zeigte, dass man eine Top-Hardware für relativ wenig Geld bekommt. Allerdings wurden auch recht schnell auch einige Schwächen deutlich. Die Verarbeitung war teilweise mangelhaft und die Software war in Europa kaum zu gebrauchen.
Das ist mittlerweile dreieinhalb Jahre her und bei Smartphones und vor allem bei Xiaomi hat sich einiges getan.
Das Xiaomi Mi 8 tritt wieder mit High-End-Hardware zu einem Mittelklassepreis gegen die Konkurrenz an. Mittlerweile sind die Xiaomi-Geräte auch offiziell in Europa zu bekommen, was auch bedeutet, dass die Software an europäische Kunden angepasst wurde.
Natürlich mit Notch
Nimmt man das Mi 8 aus der Verpackung, wird schnell klar, dass es sich um ein hochwertiges Smartphone handelt. Das Gerät wirkt erstklassig verarbeitet und fühlt sich gut an. Vorerst lässt nichts auf den vergleichsweise günstigen Preis von nichteinmal 400 Euro schließen.
Das Mi 8 kommt im rahmenlosen Notch-Design. Die Einkerbung am Display, hinter der sich Sensoren, Lautsprecher und die Selfie-Kamera verstecken, fällt relativ breit aus, ist dafür aber recht schmal. Links und rechts vom Notch wird die Uhrzeit, der Mobilfunkbetreiber, -netz sowie WLAN-Status und den Ladezustand des Akkus angezeigt. Für Benachrichtigungssymbole bleibt kein Platz mehr.
Home-Button auf der Vorderseite gibt es keinen. Der Fingerprintsensor ist auf der Rückseite untergebracht und mit dem Zeigefinger leicht zu erreichen. Volume-Wippe sowie Power-Button sind seitlich angebracht, ebenso der Einschub für zwei SIM-Karten.
Geladen wird das Mi 8 mittels USB-C. Einen Kopfhöreranschluss gibt es keinen, dafür ist im Lieferumfang ein USB-C-3,5mm-Klinke-Adapterdabei.
Display im Ultra-Breitbild
Auffallend beim Mi 8 ist das Display-Format von 18,7:9. Obwohl mittlerweile nahezu alle Premiumhersteller auf ein ähnliches Format setzen, wirkt das Display des Mi 8 deutlich breiter als die der Konkurrenz.
Der 6,21 Zoll AMOLED-Display löst mit 1080 x 2248 Pixel auf und ist von Corning Gorilla Glass 5 geschützt. Im Vergleich anderen Smartphoneshandelt es sich beim Mi 8 um einen hervorragenden Screen. Das AMOLED-Panel kann gegenüber herkömmlichen LC-Displays seine Stärken voll ausspielen und besticht durch seine Qualität: Satte Farben, gute Helligkeit, passender Kontrast.
Die Ränder des Displays beziehungsweise des Gerätes selbst sind am Rand leicht abgerundet. Kaum sichtbar, ist es aber bei der Bedienung des Smartphones durchaus angenehm, wenn man am Touchscreen über die Ränder streicht.
Schneller Standard
Im Inneren des Mi 8 werkt ein Qualcomm Snapdragon 845, der viermal mit 2,8 GHz und viermal mit 1,8 GHz taktet. Der Arbeitsspeicher beträgt 6 GB, der interne Speicher 128 GB. Als Alternative gibt es noch ein Mi-8-Modell, das 64 GB Speicherplatz bietet, auch dieses verfügt über 6 GB RAM.
Schön und bunt
Als Betriebssystem dient Android 8.1 Oreo. Xiaomihat seine Benutzeroberfläche MIUI 10.0 darübergelegt. Da MIUI 10.0 ist relativ bunt und knallig und erinnert an zahlreichen Stellen an eine Mischung zwischen iOS und Android. Mir sind die Animationen teilweise ein bisschen zu viel verspielt, obwohl sie meist dezent gestaltet und durchaus ansehnlich umgesetzt sind. In den Developer-Options können zwar einige dieser Transition-Animation deaktiviert werden, völlig deaktivieren lassen sich das verspielten Animationen aber nicht.
Ansonsten ist das MIUI vollgepackt mit zahlreichen hauseigenen Tools und Apps: Browser, Kalender, Wetter, Kompass, Musik- und Video-Diensten. Einige davon sind brauchbar, andere sind kaum benutzbar, da sie vorwiegend auf den chinesischen Markt abzielen.
Kein App-Drawer
Der standardmäßige System-Launcher von Xiaomibeinhaltet keinen App-Drawer, alle Apps sind auf einer Ebene am Homescreen angesiedelt. Ein alternativer Launcher lässt sich aber ohne weiteres installieren und als Standard-Launcher festlegen.
Das Xiaomi Mi 8, das der futurezone vom Online-Shop Trading Shenzhen zur Verfügung gestellt wurde, wird mit der offiziellen Global-Firmware ausgeliefert. Darin sind auch die Google PlayServices vorab installiert. Ein Zugang zum Play Store ist somit gegeben.
War vor einigen Jahren die Benutzeroberfläche MIUInoch nicht ganz ausgereift und gerade für den europäischen Markt etwas eigenwillig, ist MIUI beim Mi 8 zu einer Software herangereift, die sich nicht vor Samsung oder Huawei verstecken braucht.
Das können die Kameras
Das Unterscheidungsmerkmal von High-End-Smartphones – abgesehen von Marken und Betriebssystemen – in den vergangenen Jahren ist die Qualität der Kamera. Dabei versuchen sich die verschiedenen Hersteller mit der Anzahl der Kameralinsen sowie den Künstliche-Intelligenz-Funktionen gegenseitig übertrumpfen.
Rein auf dem Papier hat Xiaomi dabei einiges aufzuwarten: Die beiden Linsen der Dual-Kamera auf der Rückseite lösen mit jeweils 12 Megapixeln auf. Die Hauptlinse setzt auf einen 1/2,55 Zoll großen Sony IMX363 Sensor und einer Blende von f/1,8. Die zweite Linse hat einen 1/3,4 Zoll großen Samsung SK53M3 Sensor mit einer Blende von f/2,4 verbaut. Die Zweitlinse wird auch beim optischen 2-fach-Zoom verwendet.
Für Selfies kommt auf der Vorderseite eine 20-MP-Kamera mit einer Blende von f/2,0 zum Einsatz.
Für High-End reicht es dann doch nicht
Der 2-fach-Zoom kann nicht stufenlos geregelt werden. In der Kamera-App gibt es einen eigenen Button, der den Zoom ein- und ausschaltet. Wie alle anderen Hersteller, packt auch Xiaomi einen Portrait-Modus mit Bokeh-Effekt in die Kamera-App. Allerdings kann das Mi 8 damit nur zum Teil punkten.
Vor allem die Selfie-Kamera tut sich beim Ziehen der Trennlinie zwischen von Objekt im Vordergrund und unscharfem Hintergrund schwer. Ausgefranstes Haar, Kapuzen, Kopfhörer oder Ohrringe werden manchmal dem Hintergrund zugeordnet und unscharf dargestellt. Dadurch geht beim manchen Fotos die Schönheit des Bokeh-Effekts völlig flöten. Besser funktioniert der Unschärfe-Effekt, wenn man das Objekt im Vordergrund nicht allzu nah aufnimmt und vorsichtshalber einen Schritt zurückgeht.
Obwohl die Kamera nicht an ein Apple iPhone XS Max oder Huawei P20 Pro herankommt, verfügt das Mi 8 über eine Spitzenkamera. Bei den renommierten Kameratestern von DxOMark rangiert es auf dem siebenten Platz und muss sich neben den zuvor genannten lediglich dem HTCU12+, Samsung Galaxy S9/Plus und dem HuaweiP20 geschlagen gegeben.
Der Akku hält
Die Kapazität des Akkus gibt Xiaomi mit 3400 mAh an. Im Test stellte sich das Mi 8 als Dauerläufer heraus, es war ein leichtes über einen vollen Tag mit einer Akku-Ladung zu kommen. Im Lieferumfang bei Trading Shenzhen ist ein Adapter von Typ A auf Stecker-Typ E+F enthalten.
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Das Xiaomi Mi 8 wurde bei einem Akkustand von 11 Prozent an die Steckdose gehängt. Genau eine Stunde Später zeigt der Akku 89 Prozent. In den ersten zwanzig Minuten wurde der Akku auf 39 Prozent geladen, eine halbe Stunde nach Start des Ladevorgangs zeigte der Ladezustand 55 Prozent.
Fazit: Kein 1.000-Euro-Handy
Xiaomi stellt mit dem Mi 8 unter Beweis, dass es sehr wohl möglich ist, Hardware der Spitzenklasse zu einem moderaten Preis anzubieten. Was das Mi 8 aber so interessant macht, ist, dass die Daten nicht nur auf dem Papier nach High-End klingen, sondern dass das Gerät samt Software in der oberen Klasse mitspielt.
Gerade bei einem Kriterium, bei dem sich die Spreu vom Weizen trennt, kann das Mi 8 überzeugen: Nämlich bei der Kamera, deren Qualität mit Premium-Smartphones von Samsung, Apple und Huawei in einem Atemzug genannt wird.
Während viele der Smartphones, mit denen sich das Mi 8 misst, jenseits der 1.000 Euro beziehungsweise knapp darunter angesiedelt sind, mindestens jedoch um die 650 Euro kosten, kann das Xiaomi Mi 8 mit einem Preis rund 400 Euro überzeugen.
Disclaimer: Bei Trading Shenzhen, die der futurezone das Mi 8 für einen begrenzten Zeitraum zum Testen zur Verfügung gestellt haben, kostet die 64 GB-Version 387 Euro, die 128 GB-Version 437 Euro.
Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at.