Den Ursprung des Lebens auf der Erde hätten wir vermutlich alle gerne geklärt. Etliche Theorien wurden zur Beantwortung dieser Frage bisher aufgestellt. Noch immer ist aber nicht klar, wie aus einem Nichts ein Etwas entstehen konne. Eine neue Studie nimmt an, dass Flüssigkristalle die Bausteine für Leben sein könnte. Richtig, das ist die Substanz, die auch in Smartphones, Computermonitoren und Fernsehern enthalten ist.
Die Ursprünge des Lebens, wie war das nochmal?
Die Eigenschaften von Flüssigkristallen lassen darauf schließen, dass sie dabei geholfen haben, Proteine und Enzyme zu formen, die Voraussetzung für die weitere Entwicklung des irdischen Lebens. In ihrer Studie, die sie im Magazin ACS Nano veröffentlichten, haben die Forscher vom Institut für medizinische Biotechnologie an der Universität von Mailand verschiedene Szenarien dazu durchgespielt. Ihre wichtigste Beobachtung: Teile von Ribonukleinsäure (RNA) können sich selbstständig aufbauen und Flüssigkristalle bilden.
Bei RNA wird sich der ein oder andere an den Biologieunterricht erinnern. Es handelt sich um ein Biomolekül, das nicht nur bei bestimmen Virentypen, sondern auch bei den Ribozyten, den vermutlich urzeitlichen, primitiven Vorstufen heutiger Lebewesen, als Träger der Erbinformationen, also der materiellen Basis der Gene dienten. Heute wissen wir: DNA enthält unseren genetischen Bauplan, RNA führt dessen Anweisungen aus.
„Das älteste Molekül ist RNA“
Das ursprüngliche Leben auf der Erde war aber von RNA dominiert, so die Vermutungen der Wissenschaftler. RNA kümmerte sich gleichzeitig um die genetischen Informationen und Stoffwechselreaktionen, bevor sich DNA oder Proteine überhaupt formten. „Das älteste Molekül ist tatsächlich RNA“, fasst es Tommaso Bellini, Co-Autor der Studie in einem Statement zusammen.
Doch auch, wenn Ketten von RNA entscheidende Aufgaben auf der urzeitlichen Erde übernahmen, war den Forschern noch nicht klar, wie sich diese Ketten ohne Proteine und Enzyme bilden konnten. Hier kommen die Flüssigkristalle ins Spiel.
RNA und Flüssigkristall: Die ältesten Jobs der Welt
Flüssigkristalle sind einerseits flüssig und andererseits richtungsabhängig, also strukturiert (anisotrop) wie herkömmliche Kristalle. Wir kennen sie aus Displays von Handy-, Fernseh- und Computerbildschirmen: LCDs (Liquid Crystal Displays) liegen im Trend, werden im Smartphone-Bereich aber zunehmend durch AMOLED-Displays ersetzt. Wie passt das nun mit der RNA zusammen?
In hoher Konzentration können sich kurze RNA-Stränge ganz spontan zu geordneten Flüssigkristallen entwickeln. Gaben die Forscher künstlich chemische Reaktionen hinzu, konnten sie die kurzen RNA-Stränge zu langen zusammenfügen. Natürlich kamen solche chemischen Beschleuniger auf der urzeitlichen Erde nicht vor. Doch die Forscher glauben, dass andere Moleküle einen ganz ähnlichen Job gemacht haben könnten.
Frage nach Huhn und Ei
Die Erkenntnisse haben ihre Ursache in früheren Forschungsexperimenten, in denen das Team beobachtete, dass sich sehr kleine DNA-Fragmente unter bestimmen Umständen spontan in Flüssigkristall verwandeln konnten. All das soll dazu beitragen zu verstehen, wie sich die komplexen Strukturen und Biomoleküle der uranfänglichen Erde entwickelt haben könnten. Die Frage nach dem Huhn und dem Ei sei damit geklärt.