Wann sterbe ich? Möglicherweise hat sich schon jeder Mensch diese Frage einmal gestellt. Doch Hand aufs Herz: Würdest du wirklich wissen wollen, wann du stirbst? Soweit ist die Wissenschaft jedenfalls bereits beim möglichen Bestimmen des Todesdatums und diese ethischen Fragen ergeben sich daraus.
- Ischämische Herzkrankheit
- Schlaganfall
- COPD (dauerhaft atemwegsverengende Lungenerkrankung)
Quelle: WHO
Wann sterbe ich? Soweit ist die Wissenschaft
Die Frage treibt Menschen seit jeher um: Wann sterbe ich? Schon bald könntest du es wissen. Zumindest gibt es bereits Forschungen, die zum Ziel haben, diese Frage zu beantworten.
Methode Röntgenbild
Forschende der Hochschule Stralsund und der Harvard University haben eigenen Angaben zufolge einen Weg gefunden, das Todesdatum eines Menschen vorherzusagen.
Eine Künstliche Intelligenz (KI) und Röntgenbilder helfen ihnen dabei. Der speziell für dieses Szenario von ihnen entwickelte Algorithmus wertet zehntausende Röntgenaufnahmen aus und gleicht sie mit vorhandenen Sterbedaten ab. So wird das künstliche, neuronale Netzwerk darauf trainiert, die Wahrscheinlichkeit eines Todes zu kalkulieren.
Über 55.000 Röntgenaufnahmen aus zwei großen klinischen Studien wurden in das System eingespeist, mit besonderem Fokus auf gesundheitsgefährdende Anomalien. So soll der Tod etwa durch Herzversagen, Lungenkrebs oder Lungenversagen einige Jahre im Voraus vorhergesagt werden können. Die Kosten seien außerdem minimal.
Das heißt natürlich nicht, dass die Künstliche Intelligenz das Todesdatum auf den Tag genau berechnen kann. Aber wer weiß? Vielleicht ist es eines Tages möglich eine exakte Antwort auf die Frage zu nennen: Wann sterbe ich? Bis dahin bietet die Berechnung vor allem eines: Chancen, „informierte Entscheidungen über Präventionsmaßnahmen“ wie zum Beispiel Lungenkrebs-Screenings zu treffen. Das kann im Ernstfall Leben retten. Im Fachmagazin Jama Network veröffentlichten die Forschende ihre Arbeit im Jahr 2019.
Methode Bluttest
Derweil arbeiten Forschende aus Deutschland zusammen mit internationalen Kolleg:innen an einer ganz anderen Methode, um vorherzusagen, wann Menschen sterben werden. Über ist die Medizinethik allerdings empört.
Ausgehend von der Frage, warum manche Menschen 75 und andere 100 Jahre alt werden können, glauben die Wissenschaftler:innen die Antwort im menschlichen Blut gefunden zu haben. 14 sogenannte Biomarker haben sie identifiziert, mithilfe derer sich die Wahrscheinlichkeit berechnen lassen soll, dass jemand innerhalb von fünf oder zehn Jahren sterben wird.
Biomarker können zum Beispiel Hinweise auf ernsthafte Krankheiten beinhalten. In der Studie bestimmen sie die prozentuale Wahrscheinlichkeit, ob ein Patient oder eine Patientin in einem bestimmten Zeitraum stirbt. 60 Prozent bedeutet, dass 60 Prozent der untersuchten Patient:innen mit denselben Werten innerhalb von fünf beziehungsweise zehn Jahren gestorben sind.
Das, was Ethiker:innen kritisieren, ist die Konsequenz, die die Forschende daraus ziehen: Sie wollen einen Bluttest entwickeln, der das Sterberisiko voraussagt. Laut den Wissenschaftler:innen könnten medizinische Fachkräfte mit diesem Wissen besser über einen operativen Eingriff entscheiden. Genau diese Einschätzung steht in der Kritik: Könnten nicht andersherum medizinisches Fachpersonal und Krankenkassen einem Menschen einen womöglich dringend nötigen Eingriff wegen der Diagnose seines Todesdatums verweigern?
Für ihre Untersuchung haben die Forschende vom Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns in Köln mit ihren internationalen Kolleg:innen Daten von über 44.000 Patient:innen zwischen 18 und 109 Jahren ausgewertet. Jeder achte starb während der Langzeitstudien. Ihre Arbeit haben die Forschende im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.
Dein Todesdatum: Es ist noch ein langer Weg
Wann sterbe ich? Das können Forschende vielleicht irgendwann sagen. Klar ist: Derartige Tests zur Bestimmung des Todesdatums eines Menschen sind noch weit von der Marktreife entfernt. Unmöglich ist es jedoch nicht. „Es macht möglicherweise zunächst Angst, wenn ein Algorithmus über Therapien mitentscheidet“, sagt Florian Kronenberg vom Institut für Genetische Epidemiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck dem Spiegel.
„Doch schon heute fallen in der Medizin ständig Entscheidungen, meist auf der Basis von relativ wenigen Daten.“ Und neben der nötigen Daten wäre da immer noch die ethisch fragwürdigen Aspekte dieser Zukunftsvision. Bis dahin helfen vielleicht schon diese Apps für Sterben und Tod und Forschungen zum Bewusstsein im Leben nach dem Tod. Außerdem wollen Wissenschaftler:innen uns unsterblich machen, vielleicht schon ab 2045.