Immer wieder taucht die Information auf, dass wir nur zehn Prozent unserer Leistung des Gehirns wirklich ausnutzen. Viele Bücher geben dir Tipps, wie du das volle Potenzial deines Hirns ausnutzen kannst. Doch diese Behauptung scheint viel zu schwammig zu sein, um in der Hirnforschung Fuß zu fassen. Daher stellt sich nun die Frage, was da dran ist.
Hirnforschung: Zehn Prozent von was wird überhaupt genutzt?
Du musst nicht sonderlich bewandert im Bereich der Hirnforschung sein, um die oben genannte These zu hinterfragen. Wovon werden denn nun zehn Prozent wirklich genutzt? Sind vielleicht nur zehn Prozent unserer Nervenzellen aktiv oder sind nur zehn Prozent unserer Neuronen im Einsatz? Es ist bislang offen, auf was sich die zehn Prozent der genutzten Hirnkapazität bezieht. Daher scheint diese Aussage also nicht unbedingt richtig zu sein, oder?
#1 Zehn Prozent unserer Neuronen sind zeitgleich aktiv
Wäre die Aussage, dass nur zehn Prozent unserer Neuronen zur selben Zeit aktiv sind, wahr, dann würden Seminare in der Hirnforschung sich auf ein besonderes Lernerlebnis fokussieren: der epileptische Schock. Genau das passiert mit uns, wenn zu viele Neuronen auf einmal aktiv sind.
#2 Du nutzt nur zehn Prozent deiner Neuronen
Sollte dies passieren, würden 90 Prozent deines Gehirns einfach absterben. Denn genau das passiert mit ungenutzten Neuronen: sie sterben ab. Falls das nicht der Fall ist, übernehmen sie in der Regel eine andere Funktion. Sollte diese Aussage richtig sein, müsste man bei einer Autopsie erkennen, dass es großräumige Degenerationen im Gehirn gibt. Doch außer bei Personen mit Hirnerkrankungen ist das nicht der Fall.
#3 Du nutzt nur zehn Prozent deiner Hirnareale
Ähnlich verhält es sich auch bei dieser Aussage. Nicht genutzte Teile deines Gehirns würde sonst einfach absterben. Das lässt sich einfach in der Hirnforschung beweisen, wenn man die Funktion des Gehirns im Schlaf beobachtet. Selbst dann sind gewisse Teile aktiv.
#4 Nur zehn Prozent deines Erinnerungsvermögens wird genutzt
Diese Aussage ist schon in sich problematisch, da sich beim menschlichen Gehirn keine Grenzen der Kapazitäten feststellen lässt. Unser Gedächtnis scheint unendlich viele Erinnerungen aufnehmen zu können. Es gibt jedenfalls keinen Grenzwert.
Die Zehn-Prozent-Idee stimmt nicht ganz
Wie du siehst gibt es keinerlei logische Begründung dafür, warum nur zehn Prozent unseres Gehirns genutzt werden. Aus der Sicht der Evolutionsbiologie wäre das auch ein Nachteil. Sollte sich das in der Hirnforschung noch beweisen lassen, hätten wir wohl eher kleinere Gehirne entwickelt. Auf diese Weise würde unser Körper Energie sparen und das würde uns einen Überlebensvorteil bringen.
Alle Thesen scheinen nicht zu stimmen. Aber: Du kannst dein Gehirn trainieren, sodass es zu mehr Leistung fähig ist. Du kannst gewisse Fähigkeiten ausbauen und dadurch besser komplexe Probleme erfassen. Die Hirnforschung zeigt zudem auf, dass Frauen dank ihres Gehirns einen Vorteil genießen.