Der Permafrost der sibirischen Tundra dient als eine Art natürliche Tiefkühltruhe. Seit geraumer Zeit schon ist bekannt, dass sich in dem gefrorenen Boden so mancher archäologischer Schatz verbirgt, aber auch Gefahren. Letztere treten in Form uralter Bakterien und Viren auf. Diese sind nicht nur ausgesprochen gut erhalten, sondern darüber hinaus quicklebendig.
Viren aus dem Permafrost
Seit Jahrzehnten untersuchen Forscherinnen und Forscher das dicke Eis der Arktis und Antarktis, aber auch die erstarrte Erde Sibiriens. Natürlich mumifizierte Tierkadaver, frühzeitliche Menschen, aber auch vorgeschichtliche Mikroben entdeckten sie auf ihrer Suche – unter ihnen Pilze, Bakterien und Viren.
Schon häufiger behandelte die Wissenschaft potenzielle Risiken, die von diesen Erregern ausgehen. Immerhin legt die durch den Klimawandel schwindende Eisdecke mehr und mehr von ihnen frei. Selten aber förderte die Forschung Berichte über lebende Exemplare zutage.
Im Rahmen einer Ende 2022 veröffentlichten Studie befasste sich ein internationales Team mit der Aktivität von 13 aus dem Permafrost stammenden, aufgetauten Viren. Es umfasste Forschende aus Deutschland, Frankreich und Deutschland.
„Zombie-Viren“ wiederbelebt
Frühere Untersuchungen und deren mangelnde Dichte hätten fälschlicherweise nahegelegt, „dass ‚Zombie-Viren‘ keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen“ erklärte das Team eingangs. Auch suggeriere die Forschungslage, dass diese nur ausgesprochen selten offengelegt würden. Das sei aber nicht der Fall.
„Um eine realitätsnähere Einschätzung wiederherzustellen, berichten wir über die vorläufige Charakterisierung von 13 neuen Viren, die aus 7 verschiedenen alten sibirischen Permafrostproben isoliert wurden“, heißt es in der Arbeit.
Im Labor bewiesen die Forschenden aus dem französischen Marseille, dass die entdeckten Viren längst nicht tot waren. Mittels Amöben der Typusart Acanthamoeba castellanii (Gattung: Acanthamoeba) köderten sie die Erreger. Nach etwa 72 Stunden bemerkten sie erste Veränderungen. Nähere Tests zeigten schließlich, dass ausnahmslos alle 13 Viren aus dem Permafrost die Amöben befielen.
Geringes Risiko für Menschen
Das Team stellte fest, dass es durchaus legitim sei, „über das Risiko nachzudenken, dass alte Viruspartikel infektiös bleiben und durch das Auftauen alter Permafrostschichten wieder in Umlauf kommen“. Hohe Priorität sollte dabei auch die Konzentration auf Eukaryoten-infizierende Viren haben. Im Gegensatz zu Bakteriophagen, implizieren die Forschenden, würden sie eine „direkte Bedrohung für Pflanzen, Tiere oder Menschen darstellen“.
„Die Chance, dass solche Viren zu wirklich großen Problemen führen, ist klein, aber niemals zu 100 Prozent abwesend“, zitiert die Tagesschau Albert Osterhaus, Direktor des Research Center for Emerging Infections and Zoonoses an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Die deutlich größere Gefahr sehe er allerdings in den Pathogenen, die in heute lebenden Wildtieren schlummern.
Quelle: „An update on eukaryotic viruses revived from ancient perma- 2 frost“ (BioRxiv, 2022); Tagesschau
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