Die Forschung rund um das Coronavirus und die Ansteckung damit bringt immer wieder auch scheinbare und besonders kuriose Zusammenhänge zum Vorschein. Ob diese immer auch den Tatsachen entsprechen, muss in vielen Fällen erst noch endgültig belegt werden. So auch die Ergebnisse einer Studie, die ein doppeltes Risiko ab einer sehr spezifischen Körpergröße andeutet. Unabhängige Forscher zumindest halten sie für fragwürdig.
Coronavirus-Ansteckung: Doppelte Gefahr bei großen Menschen?
Was Wissenschaftler aus den USA, Norwegen und Großbritannien laut einer Untersuchung herausgefunden haben, hängt mit bisher bekannten Erkenntnissen zur Coronavirus-Übertragung durch die Luft zusammen. Da der Covid-19-Erreger auch mittels Aerosolen – winzigen Schwebeteilchen, die beim Atmen ausgestoßen werden und das Virus enthalten – übertragbar ist, sind demnach Menschen einem höheren Risiko der Coronavirus-Ansteckung ausgesetzt, wenn sie eine bestimmte Größe erreichen.
Bis zu zweifach höher soll die Gefahr einer Coronavirus-Ansteckung sein, wenn eine Person 1,83 Meter (sechs Fuß) überschreitet, berichten die Forscher in ihrer Studie. Untersucht wurden dazu insgesamt rund 2.000 erkrankte Personen in Norwegen und Nordamerika, die zu mehreren private und berufliche Faktoren befragt wurden, wie zum Beispiel zu ihrer Beschäftigung, ihrem Einkommen, Reisen und darüber, ob sie in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dadurch sollte ermittel werden, welche Begleitumstände das Risiko womöglich erhöhen.
Festgestellt werden konntelaut Studie, dass Menschen der genannten Körpergröße nicht nur stärker gefährdet sind, die Wissenschaftler halten sogar ein doppelt so hohes Risiko einer Coronavirus-Ansteckung für möglich. Begründet sei dies darin, dass Aerosole länger in der Luft stehen und sich vor allem in Räumen mit mäßiger Luftzirkulation anhäufen und durch Luftströme umher bewegt werden können.
Experten halten Ergebnisse für nicht fundiert
Die Studie selbst, aber auch Einschätzungen anderer Wissenschaftler zeigen allerdings, dass die Ergebnisse der Studie zum kausalen Zusammenhang zwischen Größe und Ansteckungsgefahr nicht zwingend auf objektive Messungsfaktoren basiert werden können. So wurden die Teilnehmer lediglich dazu befragt, ob sie größer als sechs Fuß (1,83 Meter) seien. Weitere Fragen zur Körpergröße gab es nicht, wie das Science Media Center Universitätsprofessor für angewandte Wissenschaften, Kevin McConway, zitiert.
Ihm und auch anderen Experten zufolge handelt es sich bei der Schlussfolgerung lediglich um eine Korrelation beziehungsweise Annahme, die nicht bewiesenermaßen wirklich besteht. Die Studie zeige nicht einen Fall, in dem ein eindeutig nachgewiesen wurde, dass eine höhere Rate an Corona-Diagnosen bei Personen ab 1,83 Meter tatsächlcih durch ihre Größe hervorgerufen wurde. Es gäbe zahlreiche andere Unterschiede zwischen der Bevölkerung unter und über 1,83 Meter abgesehen von der Größe. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer davon zur erhöhten Corona-Ansteckung geführt habe, besteht, weshalb die Studie mit Vorsicht interpretiert werden sollte.
Zumindest, dass Aerosole an der Coronavirus-Übertragung beteiligt sind, haben Forscher in Experimenten mit verschiedenen Proben bereits nachgewiesen. Zur Anerkennung dieser Resultate hatten Experten weltweit in einem offenen Brief an die Weltgesundheitsorganisation WHO gefordert, diese Art der Coronavirus-Ansteckung in die Dokumentation des Erregers aufzunehmen. Bis dahin erkannte die WHO nur an, dass weitere Forschung dazu notwendig ist. Fortschritt gibt es zumindest an anderer Stelle. Eine Strategie gegen die Corona-Pandemie scheint besonders wirksam.