Bei einem Quantennetzwerk (auch Quanteninternet) handelt es sich um Verbindungen von Quantenknoten, die etwa verteilte Quantencomputer* bilden können. Sie können in der Theorie die Grenzen einzelner solcher Computer überschreiten. Forscher:innen des in Tokyo ansässigen Elektronikkonzerns Toshiba ist es gelungen, mit einem solchen Netzwerk einen wichtigen Rekord aufzustellen.
*Ein Quantencomputer…
… ist ein Gerät, das Quantenlogik verwendet, um Allzweckberechnungen durchzuführen. Im Gegensatz zu konventionellen Computern verwendet das Quantencomputing sogenannte Quanteninformationen (auch Qubits) als Objekt für die Speicherung von Daten, und es verwendet Quantenalgorithmen, um Datenmanipulationen durchzuführen. Quantencomputer werden in der öffentlichen Meinung manchmal als allmächtig oder hundertmillionenfach schneller angepriesen, aber ob sie leistungsfähig sind oder nicht, hängt extrem von ihrer Aufgabe ab.
Quanteninternet: Toshiba feiert Rekord
Mittels einer Glasfaserleitung übertrug das Team Qubits über eine Strecke von 600 Kilometern. Zum Vergleich: Die bislang größte Übertragungsstrecke erreichte 2020 ein 192 Kilometer langes Unterseekabel zwischen Malta und Sizilien. Durch diesen Entfernungsrekord ebnet es den Weg für groß angelegte Quantennetzwerke oder gar ein künftiges globales Quanteninternet, das für den sicheren Informationsaustausch zwischen Städten und sogar Ländern genutzt werden könnte.
Eine der schwierigsten technologischen Herausforderungen beim Aufbau des Quanteninternets sei das Problem, wie man Quantenbits über lange optische Fasern übertragen kann, schreibt Toshiba Europe in einer Pressemitteilung. Kleine Änderungen der Umgebungsbedingungen, wie beispielsweise Temperaturschwankungen, würden dazu führen, dass sich die Fasern ausdehnen und zusammenziehen, wodurch die fragilen Qubits, die als Phasenverzögerung eines schwachen optischen Pulses in der Faser kodiert sind, verwürfelt würden.
„Das ist ein sehr spannendes Ergebnis“, wird ferner Mirko Pittaluga, Erstautor der Studie, zitiert. „Mit den neuen Techniken, die wir entwickelt haben, sind weitere Erweiterungen der Kommunikationsdistanz für QKD noch möglich und unsere Lösungen können auch auf andere Quantenkommunikationsprotokolle und Anwendungen angewendet werden“.
Un-hackbares Internet
Die Sicherheit der meisten klassischen Kommunikation basiert heute auf Algorithmen zur Erzeugung von Schlüsseln, die für Hacker schwer, aber nicht unmöglich zu knacken sind. Deshalb arbeiten Forscher:innen daran, diesen Kommunikationsprozess „quantenhaft“ zu machen. Dieses Konzept ist der Kern eines aufstrebenden Bereichs der Cybersicherheit: Quantenschlüsselaustausch (QKD von engl. Quantum Key Distribution).
Dabei handelt es sich um ein kryptographisches Protokoll zum Aufbau eines gemeinsamen Kennworts zwischen zwei Teilnehmern, die über einen ungesicherten Kanal kommunizieren. Dieses Kennwort wird normalerweise verwendet, um einen gemeinsamen kryptografischen Schlüssel zu generieren, mit dem die Teilnehmer dann ihre Kommunikation mit einem symmetrischen Verschlüsselungsalgorithmus sichern können.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Passwörtern ist die Quantenverschlüsselung unangreifbar – basiert sie doch im Kern auf quantenphysischen Gegebenheiten. Der Absender überträgt den auf Qubits kodierten Kryptographie-Schlüssel an die andere Person, die diese Qubits misst, um die Schlüsselwerte zu erhalten. Eine dritte Person hätte nichts von den übermittelten Daten.
Die Zukunft der Quantennetzwerke
Taro Shimada, Corporate Senior Vice President und Chief Digital Officer der Toshiba Corporation konstatiert: „Mit diesem Erfolg in der Quantentechnologie ist Toshiba gewillt, sein Quantengeschäft mit hoher Geschwindigkeit weiter auszubauen. Unsere Vision ist eine Plattform für Quanteninformationsdienste, die nicht nur sichere Kommunikation auf globaler Ebene ermöglicht, sondern auch transformative Technologien wie Cloud-basiertes Quantencomputing und verteiltes Quanten-Sensing.“
Schon 2018 legten österreichische Physiker nahe, dass entfernte Quantenverschränkung zwischen zwei mikromechanischen Oszillatoren möglich ist. Im Kern bedeutet das, dass sich „Dinge, die sich mechanisch bewegen, mit Licht kontrollieren lassen“. Auf diese Weise realisierten die Forscher einen Quantenspeicher, der in anderer Form auch im Quanteninternet der Zukunft Anwendung finden könnte.
Selbst Teleportation ist dank Quantencomputern und des Quanteninternet möglich – allerdings anders als du es die womöglich vorstellst.