Misophonie bedeutet mehr als nur der Hass auf (Ess-)Geräusche bei (bestimmten) Personen: Das heftige Unbehagen kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich Menschen mit Misophonie sozial isolieren, um entsprechenden Situationen, wie etwa dem gemeinsamen Essen mit der Familie, aus dem Weg zu gehen. Bisher wurde in der Wissenschaft vermutet, dass eine Störung in der Geräuschverarbeiten der Grund dafür ist. Doch Forschende haben jetzt neue Erkenntnisse gewonnen.
Ist Misophonie eine anerkannte Krankheit?
- Bislang ist Misophonie keine anerkannte Erkrankung. Laut Lifeline ist sie nicht in den offiziellen Klassifikationen für Krankheiten (ICD-10) und psychischen Krankheiten (DSM-5) zu finden. Sie wird derzeit den neurologischen Störungen zugeordnet.
Misophonie: Neue Erkenntnisse und mögliche Hilfe
An der Newcastle University untersuchten Forschende um Neurobiologe Dr. Sukhbinder Kumar das Phänomen der Misophonie. Sie testeten die Hirnaktivität bei 75 Versuchspersonen im Ruhezustand und beim Hören von Geräuschen. Dabei fanden sie heraus: Die Hörrinde, welche akustische Reize verarbeitet, reagiert bei Menschen mit und ohne Misophonie ähnlich – sowohl auf neutrale Geräusche als auch auf Trigger-Geräusche.
Bei Personen mit Misophonie kommunizierte die Hörrinde jedoch stärker mit Hirnregionen, welche die Bewegungen von Gesicht, Mund und Rachen steuern. Die Kontrollzentren wurden dabei nur von den kritischen Triggern mitaktiviert – nicht aber von unkritischen Geräuschen. Die Forschenden schließen daraus, dass nicht das Hörsystem Betroffener überreagiert, sondern Teile des motorischen Systems – infolge einer stärkeren Kommunikationen zwischen den beiden Bereichen.
Auf Twitter erklärt Dr. Kumar: „Zusammenfassend zeigen unsere Daten, dass Misophonie per se keine Störung der Tonverarbeitung ist, sondern eine Ergebnismanifestation der Aktivität des motorischen (Spiegel-)Systems, das an der Erzeugung der Töne beteiligt ist.“ Außerdem erklärt er, dass einige Menschen mit Misophonie ihre Symptome lindern können, indem sie die Tätigkeit nachahmen, die den Triggerton erzeugt. Das könnte auf die Wiederherstellung eines Gefühls der Kontrolle hinweisen.
So können die Ergebnisse helfen
In der veröffentlichten Studie in der Fachzeitschrift The Journal of Neuroscience erklären die Forschenden: „Dieser neue Rahmen zum Verständnis von Misophonie kann Verhaltens- und emotionale Reaktionen erklären und hat wichtige Konsequenzen für die Entwicklung wirksamer Therapien.“
Bisher gibt es noch nicht viele Forschungen zu Misphonie. Doch auch die Universität Bielefeld erforscht das Phänomen rund um den Hass vor (Ess-)Geräuschen. Von Mai bis Juli 2021 wird eine Studie durchgeführt, an der du als betroffene Person freiwillig teilnehmen kannst.
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