Veröffentlicht inScience

Arktis: Forscher entwickeln „völlig durchgeknallten“ Plan zum Schutz des Eises

Die Methode der Cambridge-Forschenden klingt zu einfach, um wahr zu sein. Doch die verheerende Kritik ließ nicht lange auf sich warten.

Eis in der Arktis.
© mozgova - stock.adobe.com

Grönlands Eis enthüllt vermutlich Unglaubliches: Hinweis auf uralten, massiven Meteoritenabsturz

Erst im November war ein riesenhafter Krater im grönländischen Eis gefunden worden. Nun gilt der Polarregion ein weiteres Mal die Aufmerksamkeit. Leider auch wegen des Klimawandels.

Die schmelzenden Gletscher und Polkappen sind eine der größten Sorgen unserer Zeit. Wie kann man diesen verheerenden Vorgang stoppen oder zumindest verlangsamen? Diese Frage stellen sich Wissenschaftler*innen weltweit. In der Arktis arbeiten Forschende derzeit an einer eher ungewöhnlichen Methode. Einige Expert*innen zeigen sich darüber sogar entsetzt.

Ungewöhnliches Projekt in der Arktis

In einer frostigen Siedlung am kanadischen Polarkreis haben sich Forschende der Elite-Universität Cambridge für ihr Vorhaben zusammengetan. Gemeinsam mit dem Startup „Real Ice“ haben sie ihr umstrittenes Projekt bereits gestartet. Dafür wird in der nahegelegen und zugefrorenen Cambridge Bay Wasser an die Oberfläche gepumpt. So soll das Eis quasi von oben verstärkt werden.

Dafür bohren die Forschenden ein Loch ins Eis, durch das etwa tausend Liter Meerwasser pro Minute an die Oberfläche gelangt. Das Wasser soll dann bei der kalten Winterluft mit Temperaturen von etwa minus dreißig Grad sehr schnell gefrieren und dadurch eine dickere Eisschicht aufbauen, so die Wissenschaftler*innen auf der Webseite des Centre for Climate Repair. „Die Idee ist, dass das Eis umso länger überlebt, wenn die Schmelzsaison beginnt, je dicker es ist“, erklärt Andrea Ceccolini von Real Ice gegenüber der BBC.

Bei der angewandten Methode handelt es sich um sogenanntes Geoengineering. Also einem gezielten Eingriff in die Natur, um menschengemachten Schaden wieder rückgängig zu machen. Nicht wenige Expert*innen raten jedoch entschieden von solchen Maßnahmen ab. Diese sollen nämlich das Risiko bergen, mehr Schaden als Nutzen zu anzurichten.

Lesetipp: Forscher machen verblüffenden Fund in der Arktis – bedeutende Anomalie entdeckt

Expert*innen schlagen Alarm

So auch das Verfahren in der Cambridge Bay: Was erst mal plausibel klingt, stößt unter auch auf deutlichen Widerspruch. „Wir wissen eigentlich nicht genug, um zu entscheiden, ob das eine gute oder eine schlechte Idee ist“, gibt sogar Dr. Shaun Fitzgerald zu, dessen Team am Centre for Climate Repair der Universität Cambridge hinter dem Projekt steht.

Es bestehe etwa die Gefahr, dass das Eis aus dem salzigerem Wasser im Sommer noch schneller schmelzen könnte. „Die überwiegende Mehrheit der Polarforscher glaubt, dass das nie klappen wird“, warnt Martin Siegert, ein erfahrener Glaziologe der Universität von Exeter gegenüber der BBC.

Hinzu kommt der absurde logistische Aufwand. Um das Projekt auf eine sinnvolle Größenordnung zu skalieren, bräuchte es Schätzungen zufolge bereits zehn Millionen dieser windbetriebenen Pumpen. Und auch dann wäre gerade einmal ein Zehntel des Arktis-Eis abgedeckt. „Meiner Meinung nach ist es völlig durchgeknallt, dass dies in diesem Maßstab für den gesamten Arktischen Ozean möglich ist“, sagt Julienne Stroeve, Professorin für Polarbeobachtung und -modellierung am University College London.

Forschungsleiter rechtfertigt sich

„Geoengineering-Technologien bringen enorme Unsicherheiten mit sich und schaffen neuartige Risiken für Ökosysteme und Menschen“, erklärt Lili Fuhr, Direktorin des Fossil Economy Program am Center for International Environmental Law. Auch Professor Siegert wird in seiner Warnung noch etwas deutlicher: „Ehrlich gesagt ist das Wahnsinn und muss gestoppt werden. Der Weg zur Lösung dieser Krise ist die Dekarbonisierung: Das ist unser bester und einziger Weg nach vorn.“

„Wir stellen dies hier nicht als Lösung für den Klimawandel in der Arktis dar. Wir sagen, dass es [ein Teil davon] sein könnte, aber wir müssen noch viel mehr herausfinden“, verteidigte Dr. Fitzgerald sein Vorhaben.

In einem Punkt dürften die entsetzten Forschungskolleg*innen dem Team von Dr. Fitzgerald jedoch zustimmen: So wiesen die Cambridge-Wissenschaftler*innen nämlich daraufhin, das uns selbst bei raschem Handeln im Kampf gegen die Eisschmelze eine schwierige Zukunft bevorsteht. Studien befürchten, dass bis spätestens 2050 der Ozean in der Arktis am Ende eines jeden Sommers quasi eisfrei sein wird.

Quelle: BBC, University of Cambridge

Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.

Du willst mehr von uns lesen? Folge uns auf Google News.