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Arktis: Forschenden gelingt Entdeckung unterm Eis – „bemerkenswert“

Unter dem schneebedeckten Eis erreichte die Alge kaum Sonnenlicht. Trotzdem gelang es ihr, Photosynthese zu betreiben.

Das Forschungsschiff Polarstern im Eis der Arktis.
© IMAGO/ABACAPRESS

Die Antarktis – wer hat sie eigentlich entdeckt?

Im Jahr 1820 stieß eine russische Expedition erstmals auf Ausläufer der Antarktis. Gerade mal ein Jahr später entdeckten amerikanische Forscher ihr Festland.Doch waren sie tatsächlich die ersten Menschen, die den Kontinent erforschten? Tatsächlich scheint es, als sei sie schon lange vorher besucht worden.

Mikroalgen in der Arktis haben Wissenschaftler*innen überrascht: Sie betreiben selbst unter extremen Bedingungen, wie fast vollständiger Dunkelheit unter schneebedecktem Meereis, Photosynthese. Dies wurde während der einjährigen MOSAiC-Expedition auf dem deutschen Forschungseisbrecher „Polarstern“ entdeckt. Die Expedition, an der auch 20 Nationen beteiligt waren, lieferte neue Erkenntnisse über die Fähigkeiten dieser winzigen Lebewesen, die selbst bei minimalem Lichteinfall Energie aus Sonnenlicht gewinnen und damit Biomasse aufbauen können.

Algen in der Arktis sorgen für Umdenken

Bereits wenige Tage nach dem Ende der monatelangen Polarnacht in der Arktis konnten die Algen im Meereis wieder aktiv Photosynthese betreiben. Den Forscher*innen zufolge stand den Mikroorganismen dabei nur ein Hunderttausendstel der Lichtmenge zur Verfügung, die an einem sonnigen Tag die Erdoberfläche erreicht. Clara Hoppe, Expertin am Alfred-Wegener-Institut (AWI), erklärt: „Es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie effizient die Algen solch niedrige Lichtmengen nutzen können.“ Dies zeige, wie gut Organismen an extreme Umweltbedingungen angepasst sind.

Die Ergebnisse aus der Arktis, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, könnten weitreichende Folgen für unser Verständnis der Meere haben. Denn wenn Mikroalgen unter diesen extremen Lichtbedingungen Photosynthese betreiben, könnte das bedeuten, dass diese Prozesse auch in tieferen Wasserschichten stattfinden, wo bislang weniger Lebensaktivität vermutet wurde. Das könnte zu einem Umdenken in der Erforschung mariner Lebensräume führen, so das AWI. Erst vor Kurzem hat ein anderes Forschungsteam sogenannten Dunklen Sauerstoff in der Tiefsee entdeckt.

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Erkenntnisse liefern wichtigen Schritt

Die Messungen wurden mithilfe speziell entwickelter, extrem empfindlicher Lichtsensoren durchgeführt, die während der Expedition im Eis der Arktis eingefroren wurden. Diese ermöglichten es, selbst die geringsten Mengen an Licht zu erfassen. Trotz der schwierigen Bedingungen konnten die Wissenschaftler*innen sicher sein: Mehr Licht stand den Algen nicht zur Verfügung.

Die Entdeckung in der Arktis könnte auch praktische Auswirkungen auf das globale Ökosystem haben. Wenn Photosynthese in tieferen und dunkleren Meeresregionen möglich ist, könnte der photosynthetische Lebensraum im Ozean insgesamt viel größer sein, als bisher angenommen. Dies hätte positive Effekte auf Nahrungsketten und könnte etwa Fischen in tiefen Gewässern mehr Nahrungsgrundlage bieten. „Unsere Ergebnisse zeigen, wozu die Photosynthese in der Lage ist“, betont Clara Hoppe. Sie vermutet, dass sich auch Organismen in anderen Meeresregionen an ähnliche Bedingungen anpassen könnten.

Die Ergebnisse der MOSAiC-Expedition liefern also nicht nur wichtige Daten zur Erforschung der Arktis, sondern könnten das Verständnis von biologischen Prozessen in den Weltmeeren grundlegend verändern. Das Team um Clara Hoppe sieht in den neuen Erkenntnissen einen weiteren Schritt zur Erforschung des globalen Klimasystems und der Lebensgrundlagen in den Ozeanen.

Quellen: „Photosynthetic light requirement near the theoretical minimum detected in Arctic microalgae“ (Nature Communications, 2024); AWI

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