Forschende an der Northeastern University haben eine neue Methode gefunden, mit der sich der elektronische Zustand des Quantenmaterials 1T-TaS2 gezielt steuern lässt. Durch sogenanntes thermisches Abschrecken – also schnelles Aufheizen und Abkühlen – kann das Material zwischen einem leitenden und einem isolierenden Zustand wechseln. Der Clou: Diese Umschaltung bleibt bei deutlich höheren Temperaturen stabil als bisher gedacht und hält über Monate an, ganz ohne extreme Kälte. Das macht sie besonders interessant für Anwendungen in der Quanteninformatik, etwa für neuartige Quantencomputer, bei denen schaltbare Zustände auf kleinstem Raum benötigt werden.
Durchbruch für Quantencomputer
Im Zentrum der im Fachjournal Nature Physics veröffentlichten Forschungsarbeit steht eine besondere Phase, in der zwei Zustände gleichzeitig existieren – eine sogenannte gemischte Ladungsdichtewellen-Phase (CDW). Diese besteht aus einer isolierenden, kommensurablen CDW (C-CDW) und einer leitfähigen, sogenannten versteckten CDW (H-CDW). Beide bilden jeweils Bereiche mit entgegengesetzter Chiralität, also spiegelverkehrter Struktur. Das Material zeigt dadurch ein komplexes, aber steuerbares Muster aus unterschiedlich leitenden Bereichen.
Mithilfe von Rastertunnel-Spektroskopie (Scanning Tunneling Spectroscopy, STS) wurde gezeigt, dass sich Elektronen innerhalb der Materialschichten relativ frei bewegen können, während sie senkrecht zur Schichtung blockiert bleiben. Dieses Verhalten, das an ein zweidimensionales Metallsystem erinnert, ist für viele Quantencomputer-Konzepte von Vorteil, weil es die gezielte Steuerung von Quanteninformationen innerhalb eines Systems ermöglicht, ohne dass benachbarte Bereiche beeinflusst werden.
„Prozessoren arbeiten derzeit im Gigahertz-Bereich“, erklärt Alberto de la Torre, Assistenzprofessor für Physik und Hauptautor der Forschungsarbeit. „Die Geschwindigkeit der Veränderung, die dies ermöglichen würde, würde es erlauben, auf Terahertz zu gehen.“ Gregory Fiete, Professor für Physik an der Northeastern University, ergänzt: „Es gibt nichts Schnelleres als Licht, und wir nutzen Licht, um Materialeigenschaften mit der schnellstmöglichen Geschwindigkeit zu steuern, die die Physik zulässt.“
Auch interessant: Grenzen der Physik gesprengt? Forscher finden Hinweis auf bislang unbekannte Kraft
Wie ein Transistor
Damit diese gemischte Phase entsteht, muss das Material gezielt von Temperaturen über 350 Kelvin (K) schnell abgekühlt werden. Bei zu langsamer Abkühlung bleibt es isolierend, bei zu schneller Abkühlung zerfallen beide Zustände. Nur ein genau abgestimmtes Temperaturmanagement führt zu stabilen und klar getrennten CDW-Domänen mit langer Reichweite – eine entscheidende Voraussetzung für reproduzierbare Schaltprozesse in der Quantentechnologie.
Ein theoretisches Modell auf Basis der Ginsburg-Landau-Theorie erklärt, wie diese beiden konkurrierenden Zustände gleichzeitig existieren können. Entscheidend ist ein Parameter, der die Größe und Dichte der Domänen beschreibt – also wie sich die Zustände im Material verteilen. Diese Erkenntnisse eröffnen neue Wege für die Entwicklung von Schaltelementen in Quantencomputern, die auf thermisch gesteuerten Phasenübergängen beruhen.
Die Methode wirkt wie ein Transistor, benötigt aber kein komplexes Halbleiterdesign. Stattdessen reicht ein einziges Material, das auf Licht oder Wärme reagiert. In Quantencomputern könnten solche Materialien helfen, Informationen nicht nur schneller, sondern auch stabiler und energieeffizienter zu verarbeiten. Mit möglichen Schaltfrequenzen im Terahertz-Bereich wären Geräte auf Basis dieser Technologie bis zu 1.000-mal schneller als heutige Elektronik.
Quellen: „Dynamic phase transition in 1T-TaS2 via a thermal quench“ (Nature Physics, 2025); Northeastern Global News
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.