Dunkle Materie (DM) beschäftigt die Wissenschaft schon seit den 1930er-Jahren. Einen direkten Beweis für diese postulierte Art von Materie hat man bislang noch nicht finden können, allerdings scheint die Forschung ihr mit jedem Jahr ein Stückchen näher zu kommen. Daten des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) könnten nun erstmals einen greifbaren Hinweis für sogenannte Dunkle Sterne liefern – anders als herkömmliche Sterne sollen sie nicht durch Kernfusion, sondern durch Dunkle Materie befeuert werden.
Dunkle Sterne in der Theorie
Schon vor etwa 15 Jahren kam die Astrophysik mit der Idee Dunkler Sterne auf. Damals handelte es sich dabei um ein rein theoretisches Konzept. So geht aus bisherigen Arbeiten hervor, dass sich Dunkle Materie in vielen Punkten ähnlich herkömmlicher Materie verhalten müsse. Das zeigen etwa gravitative Wechselwirkungen, die sich ohne ihr Konzept nicht erklären ließen.
Postuliert wird Dunkle Materie mitunter in den kosmischen Prinzipien des Lambda-CDM-Modells, das seit Mitte der 1990er-Jahre zunehmend Anerkennung gewann. Denn nur mit ihrer Hilfe können Forschende die Bewegung der sichtbaren Materie erklären. Insbesondere gilt das für die Geschwindigkeit, mit der Sterne das Zentrum ihrer jeweiligen Galaxie umkreisen. Um sie zu erreichen, muss nach bisherigen Modellen etwas über Gravitation wechselwirken, das wir bislang nicht sehen können.
In einer 2008 in den Physical Review Letters veröffentlichten Forschungsarbeit schlugen die deutsch-amerikanische Astrophysikerin Katherine Freese und ihre Kollegen auf ebendieser Basis die Existenz der Dunklen Sterne vor. Sie zeigten damals auf, wie diese Objekte im frühen Universum entstanden sein könnten, als sichtbare Materie sich noch nicht zu den selbstleuchtenden Himmelskörpern, die wir heute kennen, hätte formen können.
Erste Hinweise entdeckt
Mit ihrer Theorie veränderten Freese und ihr Team drastisch den bisherigen theoretischen Rahmen für die Entstehung der ersten Sterne. „Es wird gezeigt, dass die Wärme aus der Neutralino-DM-Annihilation jeden Kühlmechanismus überwältigt, was den Sternentstehungsprozess behindert und möglicherweise zu einer neuen stellaren Phase führt“, schrieben sie. „Es könnte ein ‚Dunkler Stern‘ entstehen: ein riesiger Wasserstoff-Helium-Stern, der durch DM-Annihilation anstelle von Kernfusion angetrieben wird. Die Folgen der Beobachtungen werden diskutiert.
Im Rahmen einer Studie, die sie im April 2023 in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichten, wollen Freese sowie Cosmin Ilie und Jillian Paulin von der Colgate University mögliche Hinweise auf ebendiese Himmelskörper entdeckt haben.
„Es gibt zwei führende Theorien für diese Objekte, die den Beginn der kosmischen Dämmerung markieren: wasserstoffverbrennende Sterne der Population III und Dunkle Sterne, die aus Wasserstoff und Helium bestehen, aber durch die Erwärmung dunkler Materie angetrieben werden“, so das Trio. „Letztere können zu supermassiven und extrem hellen Sternen anwachsen.“
Konkret wollen die Forschenden mittels Daten des JWST drei Objekte identifiziert haben, die „mit einer Interpretation als supermassereicher Dunkler Stern“ übereinstimmen:
- JADES-GS-z13-0
- JADES-GS-z12-0
- JADES-GS-z11-0
Kein endgültiges Ergebnis
Da der Wissenschaft zum jetzigen Zeitpunkt noch zahlreiche handfeste Informationen fehlen, lässt sich bislang nicht mit Sicherheit sagen, ob und wie die drei identifizierten Objekte Energie aus dunkler Materie erlangen. Nichtsdestotrotz legt die Forschungsarbeit einen wichtigen Grundstein für künftige Untersuchungen.
Eine mögliche Hilfe auf der Suche nach diesen Objekten, die zu den frühsten im Universum gehören sollen, könnte der Gravitationswellenhintergrund sein. Er erlaubt es uns, anders als der Mikrowellenhintergrund, die Geschichte des Kosmos bis auf wenige Sekunden nach dem Urknall zurückzuverfolgen.
Quellen: „Dark Matter and the First Stars: A New Phase of Stellar Evolution“ (Physical Review Letters, 2008); „Supermassive Dark Star candidates seen by JWST“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2023)
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