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Heizungsgesetz: Fataler Fehler könnte Merz-Pläne durchkreuzen

Das Heizungsgesetz steht weiterhin im Zentrum zahlreicher politischer Debatten. Gerade vor dem Hintergrund der geplanten Sondervermögen könnte die Auslassung dieses Themas aus den bisherigen Sondierungsgesprächen Friedrich Merz nun vor erhebliche Probleme stellen.

Friedrich Merz (CDU)
© IMAGO / Bernd Elmenthaler [M]

Friedrich Merz ist Wahlsieger: Was kommt jetzt auf uns zu?

Die Union und Friedrich Merz haben die Bundestagswahl gewonnen. In diesem Video geben wir einen Ausblick darauf, was uns nun erwarten könnte.

Das Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD für eine mögliche Große Koalition verliert kein Wort über die von der Union angekündigte Rückabwicklung des umstrittenen Heizungsgesetzes. Stattdessen Enthalten sind zwei erhebliche Sondervermögen, die vor allem der Verteidigung und Infrastruktur zugutekommen sollen. Friedrich Merz (CDU) könnte sich mit dieser Strategie selbst in eine schwierige Lage manövriert haben, aus der er nun schwer herausfinden dürfte.

Merz und das Heizungsgesetz: Ein riskantes Schweigen

Im Bundestagswahlkampf 2025 hatte Merz mehrfach betont, er wolle die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – insbesondere den sogenannten „Heizungsparagraphen“ (§ 72) – wieder abschaffen. Dass dieses Thema im Sondierungspapier vollständig fehlt, lässt aufhorchen. Zwar könnte es sich schlicht um eine bewusste Auslassung handeln, um Konflikte in frühen Verhandlungsphasen zu vermeiden. Doch eine andere Erklärung erscheint angesichts der politischen Rahmenbedingungen wahrscheinlicher.

CDU/CSU und SPD planen, mithilfe schuldenfinanzierter Sondervermögen in Höhe von bis zu 500 Milliarden Euro massive Investitionen in Infrastruktur, Zukunftstechnologien sowie Verteidigungsausgaben umzusetzen. Diese ambitionierten Vorhaben sollen durch Änderungen am Grundgesetz ermöglicht werden, da sie sonst die Grenzen der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse deutlich überschreiten würden. Solche Änderungen erfordern eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag.

Wie die aktuelle Sitzverteilung im neu gewählten Bundestag zeigt, besitzen AfD und Linke zusammen mehr als ein Drittel der Stimmen. Da beide Parteien bereits angekündigt haben, gegen eine Grundgesetzänderung für zusätzliche Schuldenaufnahme zu stimmen, sind CDU/CSU und SPD zwingend auf die Stimmen der Grünen angewiesen, um das Sondervermögen durchzusetzen.

Gerade in diesem entscheidenden Punkt liegt ein möglicher Fehler von Friedrich Merz: Denn er hätte die Grünen bereits deutlich früher stärker einbeziehen und politisch einbinden können, um den nun notwendigen Kompromissdruck zu vermeiden.

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Die Rolle der Grünen: Union und SPD unter Druck

Während der Sondierungsgespräche hatten CDU/CSU und SPD offenbar versucht, kontroverse Themen wie das Heizungsgesetz zunächst auszuklammern, um den Gesprächsfluss nicht zu gefährden. Allerdings könnte genau dieses Vorgehen nun problematisch werden. Die Grünen reagierten bereits deutlich verärgert darauf, dass Klimapolitik und insbesondere das Heizungsgesetz in den schwarz-roten Plänen bislang nicht ausreichend thematisiert wurden.

Grünen-Co-Fraktionschefin Franziska Brantner nannte die geplanten Sondervermögen dem Tagesspiegel zufolge „Gift für unser Land“, und kritisierte, dass Klimaschutzmaßnahmen zu wenig berücksichtigt seien. Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge signalisierte zwar Gesprächsbereitschaft, betonte aber deutlich, dass man in zentralen Punkten – etwa beim Heizungsgesetz und beim Umfang der geplanten Infrastrukturinvestitionen – erhebliche Nachbesserungen erwarte.

Bereits vor den Sondierungen hätte Merz die Grünen aktiver in die Planungen zu den Sondervermögen involvieren und so frühzeitig Kompromisse vorbereiten können. Diese verpasste Gelegenheit könnte sich nun rächen, denn jetzt droht Merz, dass er den Grünen wesentlich weiter entgegenkommen muss, um die dringend benötigte Zustimmung zu erhalten.

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Forderungen der Branche könnten Ausweg bieten

Die Grünen, aber auch weite Teile der Energie- und Heizungswirtschaft, halten eine vollständige Rückabwicklung der GEG-Novelle für gefährlich. Erst kürzlich wandten sich elf Verbände – darunter der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) sowie der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) – mit einem dringenden Appell an Union und SPD.

Darin warnten sie eindringlich davor, das Heizungsgesetz komplett zurückzunehmen. Vielmehr sei es wichtig, klare, praxisnahe und unbürokratische Anpassungen vorzunehmen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erneut zu verunsichern und gleichzeitig Deutschlands Klimaziele zu erreichen.

Konkret schlagen die Verbände folgende Anpassungen vor:

  • Vereinfachung bürokratischer Prozesse: Weniger komplexe Förderverfahren könnten Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen entlasten und gleichzeitig den Einbau klimafreundlicher Heizsysteme beschleunigen.
  • Sozialverträglichkeit erhöhen: Eine zielgerichtete Förderung einkommensschwacher Haushalte würde soziale Härten verhindern und gleichzeitig die Akzeptanz der Wärmewende stärken.
  • Mehr Technologieoffenheit: Die Union könnte ihre Position stärken, indem sie technologieoffene Lösungen erlaubt, beispielsweise eine stärkere Einbeziehung hybrider Heizungssysteme oder Wasserstoff-Technologien.

Durch einen solchen Kompromiss könnte die Union ihr Wahlversprechen zumindest teilweise einhalten, ohne die Zustimmung der Grünen aufs Spiel zu setzen. Es wäre somit ein möglicher Weg aus der politischen Sackgasse, die sich nun auftut.

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Juristische Unsicherheit erhöht Druck auf Union

Doch Merz‘ Lage wird zusätzlich durch weitere aktuelle Entwicklungen verschärft. So hat die Partei BSW jüngst eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und fordert eine bundesweite Neuauszählung der Stimmen der Bundestagswahl 2025. „Einige tausend BSW-Stimmen sind offenbar fälschlicherweise anderen Parteien zugeordnet oder als ungültig bewertet worden“, erklärte die BSW-Chefin Sahra Wagenknecht dazu der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Sollte sich durch dieses Verfahren tatsächlich die Sitzverteilung im Bundestag noch einmal verändern, könnten CDU und CSU noch stärker von den Grünen abhängig werden.

Parallel dazu gibt es juristische Unsicherheiten in Bezug auf die geplanten Grundgesetzänderungen. Expert*innen warnen bereits vor verfassungsrechtlichen Risiken, insbesondere deshalb, weil die aktuellen Sondierer*innen erwägen, die notwendigen Entscheidungen noch im alten Bundestag treffen zu lassen – vor der offiziellen konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments. „Es gibt keinen geschäftsführenden Bundestag, sondern nur einen Bundestag“, merkte dazu allerdings der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann gegenüber dem Stern an. „Artikel 39 des Grundgesetzes regelt klar, unter welchen Voraussetzungen eine vorzeitige Bundestagssitzung einberufen werden kann – und diese sind hier für eine vorzeitige Konstituierung nicht erfüllt.“

Problematischer betrachtet Heilmann jedoch das Finanzpaket selbst. „Ich gehöre zum Berliner Landesverband, der schon länger Verbesserungen an der Schuldenbremse für notwendig hält“, so der Jurist. „Aber das Gesamtpaket enthält eine Vielzahl von Regelungen, die die Rechtswissenschaft wohl auf Jahre beschäftigen werden, da zahlreiche verfassungsrechtliche Fragen damit aufgeworfen wurden.“

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Rezession und Haushaltsrisiken verschärfen die Lage

Auch die wirtschaftliche Lage setzt Union und SPD unter Handlungsdruck. Deutschland hat zwei Jahre in Folge eine rückläufige Wirtschaftsleistung verzeichnet, und führende Wirtschaftswissenschaftler begrüßen zwar grundsätzlich die geplanten Investitionen, warnen jedoch auch vor möglichen rechtlichen und haushaltspolitischen Risiken.

Hinzu kommt, dass auch die Bevölkerung bei Themen wie Schuldenbremse und Klimaschutz gespalten bleibt. So befürwortet t-online zufolge knapp die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen inzwischen eine Lockerung der Schuldenbremse, während andere, vor allem konservative Wählerinnen und Wähler, zunehmend kritisch auf die von Merz eingeschlagene Richtung schauen.

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Strategischer Fehler könnte Merz teuer zu stehen kommen

Unter dem Strich zeigt sich deutlich, dass Friedrich Merz durch seine Kommunikationsstrategie während der Sondierungen eine schwierige politische Lage erzeugt hat. Hätte er frühzeitig Gespräche mit den Grünen geführt und diese stärker eingebunden, könnte die Union jetzt vermutlich leichter ihre Positionen vertreten, ohne dabei voraussichtlich massive Zugeständnisse in der Klima- und Energiepolitik machen zu müssen.

Nun jedoch steht Merz möglicherweise vor der Situation, dass er den Grünen weit entgegenkommen muss, um die Zustimmung für die Sondervermögen zu erhalten. Sollte dies nicht gelingen, droht das Scheitern der geplanten Milliardenprojekte – ein Szenario, das auch angesichts der internationalen und wirtschaftlichen Lage äußerst problematisch wäre.

Noch ist unklar, welchen Preis Merz und seine Union am Ende zahlen müssen, um ihre ambitionierten Vorhaben durch den Bundestag zu bringen. Doch sicher ist bereits jetzt: Die fehlende frühzeitige Abstimmung mit den Grünen könnte sich als schwerwiegender strategischer Fehler herausstellen.

Quelle: Gebäudeenergiegesetz; Tagesspiegel; Frankfurter Allgemeine Zeitung; Stern; t-online

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